Ideen
Ich hatte in den Tagen, die ich mit Janine verbracht hatte, eine Sache komplett verdrängt – die Beerdigung meiner Oma. Direkt an dem morgigen Montag sollte sie stattfinden. Dafür nahm ich mir auch von der Schule frei, weil meine Oma mir so viel bedeutete, dass ich sie auf ihrem letzten Weg noch begleiten wollte. Auch durch die bevorstehende Beerdigung schlief ich an diesem Abend noch miserabler, sofern von Schlaf überhaupt die Rede sein konnte.
Janine erzählt:
Ich legte mich am Sonntagabend um kurz nach neun schlafen. Ich war darüber erstaunt, wie viel Mühe sich Marc für mich gegeben hatte. Allerdings hatte ich dennoch ein schlechtes Gewissen, weil ich mir gut vorstellen konnte, wie viel der Luxus des vergangenen Wochenendes wirklich kostete. Er redete mit mir über das Thema Geld eher selten. Ich konnte mir aber natürlich auch so ausrechnen, was das alles zusammen machte. Dieses Wochenende kostete Marc sicher 100 Euro!
So, wie er an diesem Wochenende war, hatte ich ihn noch nie erlebt. Er war locker und zeigte nie irgendwie eine Verkrampfung oder Verklemmtheit. Ich fand es toll, dass er endlich so weit war, eine vernünftige Beziehung zu führen. Auch war er viel besser drauf, als wir zum zweiten Mal überhaupt miteinander schliefen. Ich liebte ihn umso mehr, auch, weil er kein Problem mehr mit dieser Nähe hatte. Er war zwar unsicher, genauso wie ich, aber er ließ es einfach alles zu und probierte den Sex erneut mit mir aus. Ich fand es vor allem besonders schön, dass er mich nach unserem Sex sogar noch befriedigte. Was ich für ihn empfand, konnte ich nicht richtig in Worte ausdrücken. Ich wünschte mir, ihn immer in meiner Nähe zu haben.
Am nächsten Morgen wartete Marc nicht auf mich, weil er auf die Beerdigung seiner Oma ging. Er tat mir so leid und umso erstaunter war ich, dass er mir an diesem Wochenende solch eine riesige Freude bereitet hatte. Am liebsten hätte ich ihn zur Beerdigung begleitet, weil ich wusste, wie sehr ich ihn stützen konnte. Doch hätten wir der Schule nicht wirklich begründen können, warum ich genauso wie Marc fehlte. Klar hätten wir auch lügen können, aber das wäre sowohl Mama als auch mir unangenehm gewesen. Auch Marc wollte nicht, dass ich ihm zuliebe in der Schule fehlte.
Wenn wir in der Schule waren, wollte ich mit Marc auch dort gerne etwas mehr Nähe austauschen, doch er beharrte oft darauf, unsere Beziehung eher etwas verborgen zu halten. Ich hatte damit kein Problem, zu zeigen, dass ich ihn liebte. Was genau seine Gründe waren, war mir unklar. Eigentlich war sein Wunsch, das zu verschweigen, ziemlich unsinnig, weil die meisten aus unserem Jahrgang mittlerweile wussten, dass wir zusammen waren. Klar kam es auch hin und wieder vor, dass wir uns küssten, aber eigentlich waren Wangenküsse oder eher noch weniger Zärtlichkeiten in der Schule eher an der Tagesordnung.
Ich genoss die letzte Zeit mit ihm sehr. Zumindest waren nach dieser Woche Herbstferien, die ich mit Marc nutzen wollte. Vor allem nach dem letzten Wochenende stellte ich fest, wie viel Marc einfach für mich tat. Fast immer, wenn wir Zeit miteinander verbrachten, lud er mich auf irgendwas ein oder bezahlte Kleinigkeiten, die ich eigentlich hätte finanzieren müssen. Er tat das mittlerweile viel zu oft. Daher überlegte ich, Marc so richtig zu verwöhnen, weil ich fand, dass er es einfach verdient hatte.
Selbst wenn wir uns schon so lange kannten und obwohl wir so viel Zeit miteinander verbrachten, wusste ich noch immer nicht so richtig, womit ich meinem Großen eine riesige Freude machen konnte. Er hatte einfach geringe Ansprüche an sich und seine Mitmenschen, sodass er selten äußerte, was ihm auf dem Herzen lag und was er sich wirklich wünschte. Ich spürte aber, dass er durch mich auf jeden Fall schon deutlich offener kommunizierte, was er wirklich im Innern fühlte. Ich fand es schön, wenn er einen ehrlichen Blick in seine Seele erlaubte.
Da ich keine so richtige Idee hatte, redete ich am Dienstag mit Tim unter vier Augen. Tim meinte: „Na? Gibt es irgendwelche Probleme oder wieso willst du mit mir sprechen?“ Darauf ich: „Nein, es läuft alles prima. Aber Marc hat sich in der letzten Zeit so viel Mühe für mich gemacht, da…“ – „… willst du auch was für ihn machen.“ – „Ja, genau. Nur, ich weiß nicht, mit was ich ihm eine Freude machen kann. Es soll gar nicht was Materielles sein. Etwas Persönliches, was ihn wirklich berührt.“ – „Das ist nicht einfach. Ehrlich gesagt fällt mir da so spontan auch nichts ein. Aber ich muss dir sagen, dass er die größte Freude bereits bekommen hat und sein Wunsch in Erfüllung ging.“ – „Dass wir zusammen sind?“ – „Ja, genau. In der langen Zeit, in der ich ihn jetzt kenne, habe ich deutlich gespürt, dass es ihm so viel besser geht, seitdem er mit dir zusammen ist. Ich denke auch, dass es kaum etwas gibt, was mehr Freude in ihm wecken kann.“ – „Also hast du auch keine Idee, was ich mit ihm machen könnte? Er hat sich am letzten Wochenende total ins Zeug für mich gelegt. Ich möchte ihn so richtig strahlen sehen. Er ist ständig für alle da, die seinen Rat oder seine Hilfe suchen. Auch heute ist er noch so, doch was er wirklich in seinem Innern trägt, das erfahre selbst ich manchmal nicht so richtig… Das finde ich ehrlich gesagt auch ein wenig schade.“ – „Das kann ich verstehen. Ja, Marc hat mir gestern von dem Wochenende erzählt. Er hat sich gefreut, dass seine Pläne alle so gut aufgingen. Ich habe ehrlich gesagt nicht das Gefühl, dass ihm gerade etwas fehlt.“ Nach einer kurzen Pause ergänzte Tim: „Du hast Recht, Marc hat sich selbst nie als wichtig angesehen. Immer war er nur für alle da. Auch heute stellt er seine eigenen Probleme mehr oder weniger zurück und versucht sie selbst zu lösen… Aber er öffnet sich schon mehr als früher. Wenn du mir ein paar Tage zum Nachdenken gibst, finde ich vielleicht was, mit was du Marc überraschen kannst.“ – „Das ist gut. Ja, das eilt so schnell ja nicht. Auf jeden Fall möchte ich mich irgendwann bei ihm richtig groß revanchieren.“ – „Das kann ich nur zu gut verstehen.“ Marc kam von der Toilette wieder, sodass ich das Gespräch mit Tim beenden musste. Aber Tim sprach meinen Gedanken, dass Marc offener wurde, auch aus, offenbar war ich nicht die Einzige, die das bemerkt hatte. Tim und ich sprachen am nächsten Tag erneut über meine Idee.
Tim erzählt:
Da ich Janine helfen wollte und auch der Meinung war, dass Marc durchaus belohnt werden sollte, hatte ich als sein bester Freund die besten Chancen, aus ihm Informationen herauszubekommen, die Janine was nutzen konnten. Vor allem konnte ich mir vorstellen, dass man ihn ein bisschen aufbauen sollte, weil ihm die Beerdigung vom Montag garantiert in den Knochen hing. Ich rief ihn noch am Dienstag an und verabredete mich zum Billard mit ihm. Ich hatte erst große Zweifel, ob ich ihn wirklich fragen wollte, aber er sagte mir, dass er über Ablenkung sehr froh war, weil ihm das am besten half. Während wir am frühen Abend spielten, redete ich mit ihm darüber, wie es ihm so ging. Schließlich sah ich ihn in der letzten Zeit eher wenig, da er viel mit Janine und ich mit Anna zusammen war. Mich interessierte vor allem auch, ob ihn neben dem Tod seiner Oma etwas bedrückte oder beschäftigte.
Marc meinte: „Mir geht es soweit ganz okay. Mit Janine läuft es echt super und ich habe dir ja schon gesagt, dass das Wochenende toll war. Das Einzige, woran ich noch zu knabbern habe… ist das mit meiner Oma. Das ist jetzt nach der Beerdigung erst so richtig in meinem Kopf. Irgendwie habe ich das in der letzten Zeit verdrängt, aber jetzt kam es so richtig hoch. Ich bin froh, dass Janine mich ablenkt, selbst wenn es in meinem Innern gerade wirklich nicht gut aussieht.“
Nach einer kurzen Pause, die durch unsere Stöße auf dem Tisch entstand, meinte er interessanterweise: „Ich fand es einfach cool, dass das mit dem Restaurant und meinem selbst gekochten Essen so gut geklappt hat. Janine hat richtig gestrahlt, als sie gesehen hatte, in welches Restaurant ich mit ihr gehen wollte.“ In diesem Moment hatte ich zumindest einen Hinweis für Janine gefunden, womit sie ihm eine Freude machen konnte: Romantik.
Da Marc während des Billards nicht registrierte, dass ich ihn bewusst nur ausfragte, stellte ich eine sehr direkte Frage: „Vermisst du denn überhaupt irgendwas oder wünschst du dir was?“ Er antwortete darauf: „Na ja, eigentlich kaum. Wenn ich von meiner Oma absehe… Obwohl, doch schon: Ich würde mir wünschen, wenn ich Janine in der nächsten Zeit auch weiterhin so viel sehen könnte. Ich war so froh, dass sie nach dem Tod meiner Oma so viel für mich da war und fast eine ganze Woche über Nacht bei mir geblieben ist. Durch die Ferien werde ich sie bestimmt auch öfters sehen, aber je länger wir jetzt zusammen sind, desto mehr ist mein Verlangen nach ihr. Je mehr sie in meiner Nähe ist, desto besser geht es mir. Aber ansonsten habe ich keine Wünsche, wie gesagt, eigentlich geht es mir ganz gut.“
Der Wunsch Marcs war einer, dem man so leicht nicht erfüllen konnte, da Janine, wie ich wusste, trotz ihrer Beziehung sehr diszipliniert für die Schule arbeitete. Sie nahm sich schon deutlich mehr Zeit für Marc und sie betonte immer wieder, dass Marc für sie wichtiger als die Schule war, aber ich hatte trotzdem leichte Restzweifel, ob Janine wirklich die Schule für Marc links liegen lassen würde, wenn es hart auf hart kommen sollte. Ich fand es aber wirklich klasse von ihr, dass sie die ganzen Nächte bei ihm blieb, nachdem er seine Oma verloren hatte.
Ich sprach am nächsten Tag direkt wieder mit ihr, da ich davon ausging, nicht viel mehr aus Marc herauszubekommen.
Janine erzählt:
Tim konnte mir leider nicht so viele Ratschläge geben. Er hatte allerdings immerhin zwei Hinweise: Einerseits sagte er mir, dass ich Marc öfters mit einer romantischen Seite überraschen sollte. Dies war mir am Dienstagabend, als ich im Bett darüber nachdachte, auch bewusstgeworden. Andererseits sagte er, dass sich Marc sehr wünschen würde, wenn wir auch weiterhin so viel Zeit wie in den letzten Wochen gemeinsam verbringen würden. Eigentlich verhinderte die Schule dies. Als ich aber genauer überlegte, stellte ich fest, dass meine freie Zeit viel daraus bestand, dass ich zu Hause für mich allein saß, Fernsehen schaute oder sonstige Dinge erledigte. Somit hatte ich doch deutlich mehr freie Zeit, die ich auch mit Marc verbringen konnte. Wenn ich ihm eine Freude damit bereiten konnte, war es mir das wert. Wir hatten zudem eine gute Lösung gefunden, dass wir uns nach Möglichkeit bis zu zwei Mal die Woche sehen konnten, solange keine Klausuren oder Ähnliches dazwischenkommen sollten.
Als ich am Mittwoch nach Hause kam, meinte Mama, dass wir jetzt etwas Neues haben würden – einen Garten! Anfangs wusste ich nicht so recht, was ich davon haben sollte. Gut, es konnte sein, dass ich öfters die Wohnung für mich allein hatte und mehr Zeit mit Marc in Ruhe verbringen konnte. Aber so richtig viel brachte mir dies ansonsten nicht. Mama meinte, dass der Garten ein wenig in Schuss gebracht werden sollte. Das hieß, dass höchstwahrscheinlich eine Menge Arbeit auf uns zukommen würde. Sie fragte mich auch, ob ich nicht jemand anderes als Hilfe hinzuziehen könnte. Primär schlug sie natürlich Marc vor, doch wusste ich nicht, ob er sich darauf einlassen würde. Schließlich war es nicht sein Garten und ohne eine wenigstens kleine Belohnung würde er bestimmt nur ungern so ein größeres Projekt mitmachen wollen. Er würde zwar sicher wegen mir auch einfach aushelfen kommen, aber er hatte nun schon so viel für mich getan, dass ich mich eben schon sehr schlecht fühlte.
Mama schlug von sich aus vor, dass sie sich gerne dafür bedanken würde, indem sie zum Abend ein schönes Essen für alle, die geholfen haben, kochen würde. Ich war mir sicher, dass Marc sich mit dieser Aussicht schon viel eher locken ließ. Zudem stellte sie mir eine Sache in Aussicht, auf die ich mich riesig freute, wenn sie funktionieren sollte. Ich wusste, dass Marc ausflippen würde, wenn er von dieser Idee erfuhr. Nur musste es alles so laufen, wie ich es mir vorstellte.
Am Donnerstag sprach ich Marc darauf an. Als er hörte, dass es als Wiedergutmachung ein Essen geben würde, stimmte er zu. Zudem kam ich auf die Idee, Tim zu fragen, der netterweise auch zustimmte. Auch ihn lockte ich damit, dass es zum Abend ein Essen als Belohnung geben würde. Als ich nach der Schule mit Mama sprach, die sich den Garten bereits angeschaut hatte, sagte sie mir, dass es völlig ausreichte, wenn wir zu viert am Garten arbeiten würden. Es gab nicht allzu viel erledigen, allerdings war es schon laut ihrer Meinung sehr gut, dass wir zwei weitere Personen hatten, sodass wir genügend Hände hatten, um viele rumliegenden Sachen im Garten in Richtung Müll zu befördern. Ehrlich gesagt hatte ich auch wegen Marcs Trauer ein schlechtes Gewissen, ihn zu fragen. Aber er selbst war derjenige, der mich und Tim dazu aufforderte, ganz normal mit ihm umzugehen. Vermutlich war es auch das Beste, aber ein komisches Gefühl hatte ich anfangs dabei natürlich trotzdem. Marc und ich verbrachten einen sehr entspannten Abend zu zweit, bei dem wir uns nicht besonders intim nahekamen. Aber ich genoss seine beruhigende Aura wieder sehr.
Am nächsten Morgen genossen wir ein entspanntes Frühstück zu zweit und fuhren los zur Schule. Außerhalb der Schule sahen wir uns aber nicht weiter. Für den Samstag wurde abgemacht, dass Tim und Marc zu mir kamen. Von uns aus fuhren wir direkt zum Garten, um die Arbeiten zu erledigen. Ich sah unseren neuen Garten zum ersten Mal – ein kleines Grundstück mit einem dafür zu großen Haus. Das Grundstück selbst war deutlich überwuchert und eine Menge Müll lag auf diesem. Da die Pflanzen pfleglich behandelt werden mussten, wollte sich Mama vor allem darum kümmern. Ich half ihr dabei, so gut ich konnte. Marc und Tim brachten die unzähligen Bretter, Steine und den restlichen Müll des vorherigen Eigentümers weg. Ich half den beiden auch bei vielen Sachen, wenn Mama mich gerade nicht brauchte. Was der Vorbesitzer mit seinem Garten anstellte, ließ sich in dem Zustand, in dem wir diesen vorfanden, nur schwerlich erraten. Die Arbeiten im Garten dauerten nicht sonderlich lange. Nach drei Stunden waren wir bereits mit den anstrengendsten Sachen fertig, der Rest war entspannter. Nach viereinhalb Stunden, die insgesamt doch etwas auf die Knochen gingen, wurden wir fertig. Mama bereitete bei uns zu Hause das Essen vor. Wir genossen das Essen und ich hatte mit Marc abgemacht, dass er nach unserer Arbeit einfach bei uns übernachtete, auch wenn er in dieser Woche beide Nächte dadurch bei uns bleiben musste. Der Abend mit ihm war echt schön. Er war doch recht kurz, weil wir schnell müde wurden und für unsere Verhältnisse sehr früh schlafen gingen.
Marc erzählt:
Nach dem anstrengenden Tag im neuen Garten von Janine schliefen wir direkt bei ihr zu Hause ein. Am nächsten Morgen erwachte ich als Konsequenz vergleichsweise früh. Als meine Süße erwachte – das war nicht lange nach mir -, küsste sie mich und ging ins Badezimmer, um sich frisch zu machen. Nach einer recht langen Zeit kam sie mit einem gefüllten Frühstückstablett wieder und lächelte.
Wir küssten uns, waren zur Hälfte sitzend und liegend und genossen das Essen. Währenddessen stellte Janine mir eine interessante Frage: „Sag maaaaaaal?“ Ich musste kichern, weil sie das Wort so niedlich in die Länge zog und dabei zusätzlich ihre Stimme verstellte. „Maaaaaaaaaaal!“ Ich ahmte sie nach und bekam einen kleinen Stoß in die Rippen für meine furchtbare Stimme, die ich annahm.
„Hast du in der gesamten nächsten Woche Zeit?“ – „Na klar habe ich Zeit, wir haben doch Ferien. Aber… meintest du gerade die gesamte?“ – „Ja, ich meinte die gesamte. So von Montag bis Samstag etwa.“ – „Na ja, im Prinzip habe ich an jedem dieser Tage Zeit. Na klar. Aber wieso denn?“ – „Weißt du, ich… habe da etwas für dich.“ Sie holte aus einer ihrer Schubladen eine Karte heraus, die sie mir in die Hand drückte und küsste mich auf die Wange. Als ich die selbstgebastelte Karte öffnete, sah ich ein selbst gezeichnetes Bild, welches mich sehr an einen Garten erinnerte und daneben stand ein Text: „Hiermit lade ich dich auf eine Woche Entspannung in meinem Garten ein, ganz mit mir allein und ohne, dass uns jemand währenddessen stört.“
Ohne es zu wollen, klappte meine Kinnlade herunter, worüber Janine schmunzeln musste. Sie fragte mich strahlend: „Was sagst du dazu?“ – „Ich… Ja, das ist mega toll! Ich habe total Lust darauf!“ Ich grinste über beide Backen, umarmte sie schlagartig und richtig kräftig, während sie sich gerade noch so halten konnte, um nicht das Tablett mit den Broten umzuwerfen.
Ich fragte: „Was wollen wir eigentlich die ganze Zeit machen, während wir in eurem Garten sind?“ – „Na ja, da wird uns schon einiges einfallen. Selbst wenn jetzt, als wir gestern da waren, kein Fernseher dastand, werden wir in der nächsten Woche einen kleinen Fernseher haben. Ich nehme auch mein Laptop mit und wenn wir vorher schon einige Filme und Serien über dein Abo herunterladen, können wir die auch ohne Internet im Garten schauen.“ – „Deine Einladung ist echt mega, weißt du das?“ – „Danke. Ich wollte dir nach unserem gemeinsamen Wochenende einfach auch etwas Schönes zurückgeben.“ – „Ich finde das einfach geil! Ich freue mich total!“ Trotz der kleinen Streitigkeiten auf unserer ersten Reise hatte ich die Tage sehr genossen, umso mehr freute ich mich nun auf die nächste gemeinsame Zeit. Vor allem glaubte ich auch deswegen nicht, dass wir Probleme haben würden, da unsere Streitigkeiten bei der Reise vor allem durch meine Unerfahrenheit herrührten, die ich jetzt nicht mehr hatte.
Als ich am Sonntagnachmittag nach Hause kam, sprach ich Petra auf die Einladung Janines an. „Du warst bestimmt ziemlich überrascht, als sie dir die Karte schenkte, oder?“ Ich schaute erstaunt und fragte sie: „Woher weißt du… von der Karte? Hat sie dir etwa…“ Sie schmunzelte. „Klar. Sie hat mich vorher schon gefragt, ob das für mich ok ist, wenn du ein paar Tage nicht zu Hause bist.“ – „Ich glaube, ich brauche dich einfach gar nichts mehr fragen, ich kann das ja jetzt einfach immer Janine machen lassen.“ Sie steckte mich mit ihrem Schmunzeln an und meinte: „Großer, du bist volljährig, es ist doch alles ok. Verbringt eure Zeit zusammen, solche gemeinsamen Tage vergisst man nicht. Wir können noch einen großen gemeinsamen Einkauf machen. Dann ist in den nächsten Tagen genug zu Hause und auch noch genug da, wenn du wieder da bist.“ – „Danke.“ Ich drückte sie kurz, weil ich mich so sehr auf die gemeinsame Zeit mit Janine freute.
Nach dem Gespräch rief ich Janine an, die mich direkt mit einem Lachen begrüßte. „Warum hast du mir nichts gesagt, dass du Petra bereits direkt gefragt hast?“ – „Weil ich hören wollte, wie überrascht du wieder bist, wenn du rausfindest, dass ich das bereits mit ihr besprochen habe.“ Sie lachte wieder und steckte mich damit an. „Ich glaube, ich lasse dich einfach alle Absprachen, die sie und ich haben, übernehmen, ich muss nicht mehr darum kümmern.“ – „So funktioniert das aber auch nicht. Das klappt nur bei Überraschungen.“ – „Menno!“
Wie es in meinem Innern aussah, konnte sich keiner vorstellen. Abgesehen davon, dass die Beziehung nun richtig toll lief, konnte ich nicht sagen, dass ich komplett glücklich war. Ich war zufrieden mit der allgemeinen Situation und oft auch glücklich, aber nichtsdestotrotz sah ich Janine gefühlt zu wenig, obwohl wir schon so viele Nächte miteinander verbrachten. Gerade dadurch, dass ich mit Janine nun sehr intim wurde, band mich dies umso stärker an sie. In den derzeitigen Wochen würden sich durch die Schule nicht viele Möglichkeiten ergeben, Janine noch mehr zu sehen, zumal die ersten Klausuren vor der Tür standen und sicherlich einige Übernachtungen dabei entfallen würden. Was ebenfalls keiner sehen und wissen konnte, war auch meine Oma, die mir auch weiterhin fest im Kopf hing. Ich schaffte es, das Thema recht weit zu verdrängen, aber ich wusste – so ganz abgeschlossen würde das Thema lange nicht sein, weil ich einen geliebten Menschen verloren hatte.
In der Nacht von Sonntag zu Montag konnte ich nicht richtig schlafen. Ich war so aufgeregt, dass ich nachts mehrfach aufwachte und einige Zeit nicht einschlafen konnte. Ich nahm mir am Montagvormittag eine Reisetasche und legte einige Sachen zusammen, weil ich für so viele Nächte schon ein paar Dinge brauchte. Wir wollten vor allem auch nicht meine gelagerten Sachen bei Janine zu Hause anrühren, damit sie nicht noch mehr in den Garten bringen musste. Als ich mit dem Einpacken so weit fertig war, verriet mir Petra, dass sie daraus, weil ich die kommende Woche über weg sein würde, auch einen gewaltigen Vorteil zöge – da sie ja die Wohnung auch für sich allein haben würde, überlegte sie, ihren Freund auch durchaus mal zu uns in die Wohnung einzuladen… So gefiel mir das: Wir alle zogen unsere Vorteile daraus. Auch wenn ich endlich wirklich mehr von ihrem Freund wissen wollte, nur fehlte auch dieses Mal wieder die Zeit und die Gelegenheit, darüber zu sprechen.
Mittags schrieb mir Janine eine Nachricht: „Kannst du, wenn du nachher kommst, vielleicht ein paar Getränke wie Limo mitbringen? Geld bekommst du nachher von mir wieder. Hab dich lieb!“ Das sollte für mich eigentlich kein allzu großes Problem darstellen, da ich – neben meiner Tasche – durchaus noch was tragen konnte. Mir wurde erst in diesem Moment bewusst, dass ich bisher gar nicht mit ihr darüber sprach, wie wir das mit Verpflegung in den Tagen überhaupt machen wollten. Ich schrieb ihr daher wenige Minuten später zurück: „Soll ich auch was zu essen mitbringen, falls ich das tragen kann?“ – „Nein, mach dir keinen Kopf. Du bist eingeladen!“ Sie hing an die Nachricht einen Zwinkersmiley und ich meinte: „Sicher, dass wir nichts weiter brauchen?“ – „Ja, mach dir keinen Kopf.“ Sie schickte erneut einen zwinkernden Smiley und ich gab mich geschlagen.