Vorfreude
Im Laufe dieser sechs Wochen rief mich Janine an einem Abend in der Woche wegen einer besonderen Sache an. „Hey Bärchie!“ Ich stutzte kurz: „Wie hast du mich gerade genannt?“ – „Bärchie. Ich finde, der Spitzname passt zu dir. Du bist ein Bär, weil du groß und stark bist und auf mich aufpasst. Und das ‚chie‘ kommt halt von… ähm…“ – „Ja?“ – „Weil du halt süß bist und einen weichen Kern hast.“ Sie brachte mich zum Lachen und ich sagte: „Na toll, einerseits bin ich der große Aufpasser und Beschützer und andererseits das totale Weichei.“ – „Du hast es perfekt zusammengefasst!“ Ich grummelte gespielt in das Telefon, was sie nur noch mehr zum Lachen brachte und mich einfach nur amüsierte. Sie entgegnete: „Aber Süße ist besser, ja?“ – „Ich wusste, dass das jetzt kommt. Du hast halt einfach eine unheimlich süße Art an dir und bist halt attraktiv, also eben süß. Das passt perfekt.“ – „Siehst du, genauso wie Bärchie eben!“ Ich wusste, dass ich diesen Spitznamen nicht das letzte Mal in meinem Leben gehört hatte. „Das war echt toll, was du gerade über mich gesagt hast.“, sagte sie mit einem ernsteren Ton, worauf ich ihr fast lapidar entgegnete: „Das liebe ich halt unter anderem an dir.“ – „Aha, was denn noch so?“ – „Das verrate ich dir doch nicht gleich alles, das kannst du schön nach und nach herausfinden.“ – „Du bist doof!“ So schnell waren die verbalen Liebkosungen dahin.
Nach einem weiteren Lachen von uns sagte sie: „Ich wollte dir heute den ganzen Tag schon was erzählen. Ich habe doch von meiner Familie zum Geburtstag eine Fahrt geschenkt bekommen… und die werde ich, denke ich, in den Osterferien einlösen! Ich kann dadurch sogar ein oder zwei Tage länger als nur ein Wochenende wegfahren!“ Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht so richtig, ob ich mich freuen sollte – wir sahen uns in den letzten Wochen außer in der Schule nicht und nun wollte sie offenbar von den nicht so richtig langen Osterferien auch noch einige Tage zusätzlich wegnehmen… Ich schwieg deswegen, als Janine plötzlich noch ergänzte: „Willst du mitkommen?“ In diesem Moment sprangen meine Augen richtig auf und ich war glatt sprachlos. Nach einigen Sekunden sagte Janine: „Was ist los, wieso sagst du nichts mehr? Bist du noch dran?“ – „Ja… klar, du hast mich echt überrascht!“ – „Also, was würdest du davon halten, wenn wir zusammen wegfahren?“ – „Ich… ich bin echt überrascht… Ja, ich fände das super!“ – „Soll ich dir was verraten?“ Ich schwieg als Zustimmung auf ihre Frage und sie antwortete: „Als ich das Geschenk an meinem Geburtstag bekommen hatte, hatte ich mir da schon überlegt, ob ich dich frage, ob du nicht mitkommen willst.“ – „Ähm… wirklich? Warum das?“ – „Na ja, du warst halt mein bester Freund und wir haben uns so super verstanden. Da konnte ich mir das schon ganz gut vorstellen. Allein wegfahren ist ja auch irgendwie doof.“ – „Du bist echt besonders.“ – „Ist das denn für deine Mutter eigentlich ok, wenn wir zusammen wegfahren?“ – „Ja, ist es. Ich habe sie schon gefragt.“ – „Aber… ihr bezahlt doch meine Reise nicht, so habe ich das doch richtig verstanden, oder?“ – „Ja, aber ich könnte mir irgendwie gut vorstellen, dass meine Mutter mir bewusst deutlich mehr Geld mitgibt, damit wir uns dort auch etwas leisten können. Also ja, du musst schon die Fahrt und die Übernachtung selbst zahlen. Hast du denn genügend Geld angespart?“ – „Na ja, es geht so. Das hängt auch davon ab, wie teuer das überhaupt wird. Vor allem, wo willst du überhaupt hinfahren?“ Sie nannte mir mehrere Zielorte, die allesamt an der Küste lagen. Alle Orte waren mit dem Zug in maximal drei Stunden erreichbar und ich fand alle Ideen schön. Glücklicherweise hörte ich im Hintergrund, dass Petra gerade von ihrer Schicht aus nach Hause kam, sodass ich das Gespräch mit Janine kurz unterbrach, weil ich mit Petra über die Idee sprechen wollte. Vor allem ging es auch darum, dass mein Geld für so eine Fahrt sicher nicht vollständig ausreichen würde und ich die Hoffnung hatte, dass sie mir was dazu geben würde.
Sie war – zu meinem Glück – auch ziemlich gut drauf und drückte mir gleich einen Kommentar rein: „Na, was ist los? Du kommst doch sonst auch nicht direkt angelaufen, wenn ich nach Hause komme.“ Sie schmunzelte und steckte mich dabei an, ich sagte: „Na ja, Janine hat mich auf eine Idee gebracht, die ich echt cool finde. Sie würde in den Osterferien für drei oder vier Tage wegfahren wollen.“ Petra unterbrach mich, um mich zu ärgern, weil sie schon wusste, worauf ich hinauswollte: „Das ist doch schön für Janine, dass sie ihre Geburtstagsreise jetzt endlich einlösen kann.“ Ich fand es im Übrigen bemerkenswert, dass sich Petra noch daran erinnern konnte, als ich ihr dies vor einigen Monaten erzählte. „Sie hat mich gefragt, ob ich nicht mitkommen will.“ – „Du hast natürlich überhaupt keine Lust darauf, was?“ – „Na ja, es ist eher das Gegenteil.“ Sie hatte mich offenbar noch nicht genug geärgert: „Du hast doch sicherlich genug Geld angespart, um einfach mit ihr wegfahren zu können, was?“ – „Ich habe immerhin 250 Euro angespart, aber ich weiß nicht, ob das komplett reicht. Wir haben überlegt, ob wir nicht an die Küste fahren und die Preise, die wir gesehen haben, sind schon recht hoch.“ – „Ja, ihr seid mit der Buchung auch schon recht spät dran.“ – „Könntest du vielleicht noch was dazu legen? Oder mir einen Vorschuss geben und dafür nächsten Monat weniger geben? Ich habe nur Sorge, dass das Geld vielleicht zu knapp ist, wenn vielleicht irgendwas schiefläuft und wir wieder schnell zurückmüssen oder so.“ – „Mach dir keinen solchen Kopf, Großer, was soll denn schieflaufen? Ihr bucht eure Unterkunft, fahrt hin, verbringt ein paar schöne Tage und kommt wieder zurück. Aber hey, du hast schon Recht, es schadet nie, wenn man immer mehr Geld dabeihat, als man eigentlich braucht. Diese Art hast du definitiv von deiner Mutter, sie war auch immer so vorausschauend.“ Sofort stach es in meiner Magengegend, auch wenn Petra es nur gut meinte. Sie redete einfach weiter, um mich abzulenken. „Ich steuere dir noch ordentlich Geld dazu, das bekommen wir hin. Ich habe eine recht große Gehaltserhöhung bekommen, dadurch ist so was zukünftig kein Problem mehr.“ Ich freute mich für sie mit. „Aber so ganz ohne Gegenleistung bekommst du es nicht.“ Verdammt, ich wusste, der Preis würde hoch werden. „Dadurch, dass ich jetzt mehr Geld bekomme, habe ich auf Arbeit auch etwas mehr zu tun.“ – „Noch mehr als sonst? Ist das nicht zu viel?“ – „Das geht schon. Meine Aufgaben verändern sich einfach, weil ich noch ein kleines Team unter mir habe, auf das ich Acht geben muss.“ – „Ich habe echt Sorge, dass du zu viel arbeitest.“ – „Das geht schon, Großer. Mach dir nicht solch einen Kopf, ich bin ja auch nicht immer arbeiten, wenn wir uns nicht sehen.“ – „Wann willst du mir deinen Freund eigentlich vorstellen?“ – „Das kommt schon noch, keine Bange. Ich… wollte vor allem auch deswegen damit noch warten, weil ich dich nicht noch mehr überfordern wollte nach all den Sachen aus dem letzten Jahr.“ Es stach erneut in meiner Magengegend. „Ich fände es toll, wenn du zukünftig Acht darauf gibst, dass regelmäßig der Müll weggebracht wird und dass du die Spülmaschine durchweg ein- und ausräumst. Dafür gebe ich dir monatlich auch noch etwas mehr Geld als sonst. Ist das ein Deal?“ – „Noch mehr als sonst?“ Ich bekam glatt ein schlechtes Gewissen, weil ich im Vergleich mit meinen Klassenkameraden schon verdammt viel Geld bekam. Einige wurden wesentlich strenger erzogen und mussten mit deutlich weniger auskommen. „Du kannst auch genauso viel wie bisher bekommen und machst aber trotzdem mehr im Haushalt.“ Sie lachte und steckte mich damit an. „Ich würde natürlich auch gerne noch etwas mehr Geld im Monat nehmen… und ja, ich mach mehr im Haushalt.“ – „Das klingt doch super. Schau, ich glaube, wo du jetzt mit Janine so viel Zeit verbringst, dass du da mehr Geld bestimmt gebrauchen kannst. Sie freut sich bestimmt, wenn du sie mal einlädst!“ – „Janine nicht mehr, da bin ich mir sicher. Ich habe sie so oft ins Kino beispielsweise eingeladen, sie sagt schon jedes Mal, wenn wir was unternehmen, dass ich bloß nichts für sie übernehmen soll. Sie ist manchmal deswegen richtig angefressen.“ – „Klar sagt sie das, aber trotzdem strahlt sie jedes Mal innerlich, wenn sie doch eingeladen wird.“ – „Das kann ich mir bei ihr gut vorstellen.“ Wir lachten – der Deal war damit geschlossen. „Ich finde es aber gut, dass du dich wirklich um all die Sachen kümmerst, die ich dir aufgebe. Mama wäre sicher stolz auf dich.“ Das Kompliment war lieb, aber es schmerzte wieder sehr.
Ich rief später Janine zurück und erzählte ihr, dass Petra mir noch Geld für die Fahrt zuschießen würde. Sie explodierte förmlich vor Freude und riss mich dabei ebenfalls mit, dass ich am Ende richtig überdreht war – genauso wie sie. Wir verabredeten, verschiedene Angebote herauszusuchen, um sie am nächsten oder übernächsten Tag zu vergleichen. Dazu trafen wir uns sogar an einem Nachmittag während der Schulwoche, was ich natürlich umso praktischer fand, weil ich sie damit wieder allein für mich haben konnte. An diesem Nachmittag suchten wir alles zusammen und ließen Janines Mutter buchen. Janine und ich würden zusammen wegfahren und insgesamt vier Nächte verbringen, ohne, dass uns jemand dabei stören würde!
Je näher wir den Osterferien kamen, die erst sehr spät in der Mitte vom April lagen, desto besser wurde meine Laune und umso mehr freute ich mich. Bezahlt war schon alles im Voraus, sodass wir die Reise ganz entspannt angehen konnten. Ich spürte auch bei Janine, dass sie sich unheimlich auf die Reise freute. Eine Woche, bevor die Osterferien begannen und kurz darauf auch die Reise, traf ich mich mit Tim am Nachmittag nach der Schule, um mit ihm wieder Billard spielen zu gehen. Mittlerweile hatte sich das Billardspielen mit Tim zu einer Art Tradition entwickelt, was ich ziemlich angenehm fand, weil wir dadurch regelmäßig Zeit fanden, miteinander zu quatschen.
„Hast du dir schon Kondome gekauft?“, war Tims so ziemlich erste Frage, als wir gerade unsere Sachen in der Nähe unseres Billardtisches ablegten. Seitdem ich ihm erzählt hatte, dass Janine und ich zusammen wegfuhren, zog er mich regelmäßig mit solchen Sprüchen auf. Ich sagte nichts und gab ihm, als er an mir vorbei ging, einen freundschaftlichen Schlag gegen die Schulter. Wir lachten und ich sagte: „Nein, habe ich nicht. Habe ich für diese Reise auch nicht vor. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir da schon miteinander schlafen.“ – „Sag niemals nie. Wie gesagt, mit Anna ging das damals plötzlich doch viel schneller, als ich geglaubt habe. Auch, weil Anna den Schritt weiter gehen wollte, als wir endlich einen Abend für uns allein hatten.“ – „Wolltest du so schnell gar nicht?“ – „Ach, ich fand das nicht schlimm, ich war bei Anna bloß einfach etwas mehr vorsichtig, weil ich nicht ganz einschätzen konnte, wie weit sie wirklich war.“ – „Wie lang hat es eigentlich gedauert, bis ihr miteinander zum ersten Mal und so?“ – „Wir haben uns damals etwa fünf Monate damit Zeit gelassen, im Vergleich zu manchen aus der Klasse zum Beispiel sogar recht lange.“ – „Warum ärgerst du mich so, wenn du selbst recht lange gebraucht hast?“ Ich streckte ihm die Zunge raus und er sagte: „Weil ich dich einfach gerne damit aufziehe. Ich finde das nicht schlimm, dass du halt noch recht prüde bist. Aber nach dem, was du so erzählst, ist Janine offenbar schon wesentlich weiter als du.“ – „Ja, das ist sie bestimmt auch. Ich habe schon einige Male erlebt, dass sie ihre Gedanken völlig ausgeschaltet hat und für einige Zeit richtig abwesend wirkte. Ich kann das nicht so wie sie. Ich denke öfters an allerlei Sachen, während wir miteinander knutschen.“ – „Aber du findest sie schon sexy, oder?“ – „Ja, klar, sie zieht mich total an. Dadurch bekomme ich schon unheimlich Lust.“ – „Mach dir nicht solch einen Kopf, das kriegst du auch schon alles hin. Janine hat ja bemerkt, dass du da nicht so forsch bist, darum wird sie schon dafür sorgen, dass ihr intimer miteinander werdet, jede Wette.“ – „Ja, vermutlich…“ – „Was ist los?“ – „Ach, das ist halt alles so ungewohnt. Ich habe mich schon damit recht schwergetan, richtig mit Janine zusammen zu gehen, das geht halt alles nicht so schnell. Vor allem ist es immer noch ein recht komisches Gefühl, dass sie und ich jetzt zusammen sind, weil… vieles irgendwie so wirkt, als wären wir halt beste Freunde.“ – „Hey, das ist doch völlig normal. Jetzt mach dir nicht solch eine Platte. Du machst dir Gedanken über Sachen, die es gar nicht wert sind. Anna ist für mich in vielen Momenten auch meine beste Freundin, aber das ist auch völlig normal. Stelle dir vor, du würdest dich mit Janine nicht so prächtig verstehen, dann wärt ihr heute doch sicher nicht zusammen und vermutlich nicht befreundet. Und man verbringt ja so viel Zeit gemeinsam – das ist ja meist mehr Zeit, als man mit den engsten Freunden verbringt.“ – „Ja, das stimmt.“ – „Dass du verunsichert bist, ist doch auch völlig normal. Wenn du noch etwas länger mit Janine zusammen bist, spürst du einfach irgendwann, dass du glücklich bist, wenn dieser Mensch in deiner Nähe ist. Was fühlst du denn für sie aktuell?“ – „Sie zieht mich sexuell an und ich bekomme immer gute Laune, wenn wir zusammen Zeit verbringen.“ – „Perfekt. Was denkst du darüber nach?“ – „Keine Ahnung, wenn du mich so fragst.“ – „Könntest du dir denn vorstellen, wie es ist, wenn sie nicht mehr mit dir zusammen wäre?“ – „Nein, nein… Ich finde es schon toll, dass es so gut mit ihr läuft. Ich will sie nicht gehen lassen.“ – „Noch mal perfekt. Was ist also dein Problem?“ Ich zuckte mit den Schultern, weil er mich eiskalt auseinandernahm und ich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte. Ich bekam von ihm einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf und er sagte: „So, und jetzt kommen wir zum eigentlichen Thema zurück: Ich glaube nicht, dass du schon Kondome für die Reise brauchst. Aber ich kann dir Gewissheit dafür geben, dass du Janine näherkommen wirst, hundertprozentig… Und wenn du nicht von selbst ankommst, wird Janine definitiv dafür sorgen, dass ihr euch näherkommt. Also mach dich locker, sei nicht verkrampft. Sonst macht man die ganze Stimmung kaputt.“ – „Was denkst du denn, was passieren wird?“ – „Passiert ist ja bisher eigentlich fast nichts bei euch, aber es ist schon doch gut, dass ihr euch so nah heranzieht und dass Janine es offenbar mag, wenn sie deinen Penis spürt.“ Ich fand es bewundernswert, wie er so locker über all die Sachen sprechen konnte. Er setzte fort: „Schwierig zu sagen, was so passieren könnte, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass Janine sicherlich intensiver mit dir kuscheln will und dass ihr euch zumindest etwas entkleidet. Bei Anna und mir kam das eigentlich sehr schnell, dass wir zumindest unsere Oberteile auszogen und ich sie im BH sah. Wer weiß, vielleicht geht ihr auch schon in Richtung Petting.“ – „Oh, ok.“ – „Deswegen habe ich auch gesagt, dass du mit ihr zum Beispiel schwimmen gehen sollst, da kommt ihr euch automatisch näher und du siehst sie eben im Bikini… Irgendwann siehst du sie, während sie gar nichts mehr trägt. Oder so wenig, dass du aber eigentlich trotzdem alles siehst.“ – „Was meinst du genau mit deinem letzten Satz?“ Er lachte und beantwortete die Frage auf folgende Art und Weise: „Du musst noch eine Menge lernen…“
Am Abend vor der Reise schrieb mich Janine an, sodass ich sie einfach wieder direkt anrief. Ich war gerade mit dem Tasche packen fertig geworden und wollte mit dem Entspannen anfangen. Meine Laune war blendend. „Hey Bärchie!“ – „Na, Süße.“ Ich hatte mich mittlerweile an diesen Spitznamen gewöhnt, Janine sich aber auch an ihren. „Menno, ich bin immer noch fertig mit dem Packen, verdammt… Ich kann mich nicht entscheiden, was ich genau einpacke. So viel Platz ist nicht in der Tasche und ich will nicht Dutzende Taschen mitnehmen. Was mache ich bloß?“ – „Ich hatte keine Probleme mit dem Einpacken, ich bin schon fertig.“ Ich grinste und sie erwiderte nur schlicht: „Püh!“ – „Vielleicht kann ich dir ja bei deiner Entscheidung helfen.“ – „Ja, vielleicht schon. Ich überlege zum Beispiel, ob ich nur normale Jeans oder eventuell auch ein oder zwei Röcke mitnehme, wobei das an der Küste bestimmt noch ziemlich kalt sein wird.“ – „Also, ich würde empfehlen, dass du zu den Hosen auch wenigstens einen Rock mitnimmst.“ – „Du siehst mich wohl gern in Röcken, was?“ Ich grinste breit und sagte: „Na ja, also, weißt du, …“ – „Ok, alles klar, es ist also wirklich so.“ – „Du bist halt echt hübsch und in den Röcken, die du manchmal in der Schule anhast, finde ich dich halt schon… toll.“ – „Aha?“ – „Gibt es noch Kleidungsstücke, die ich vielleicht besonders mitnehmen sollte?“ Ich nannte ihr zwei Oberteile, die etwas Haut zeigten und die ich einfach unheimlich sexy an ihr fand. Sie sagte mir, dass sie diese beiden sogar schon eingesteckt hatte. „Den Rock, den du so toll findest, habe ich auch noch direkt eingesteckt. Nimmst du im Gegenzug auch eines von deinen Hemden mit? Und vielleicht eine tolle Hose dazu? Vielleicht können wir dort beispielsweise auch in einem schönen Restaurant essen gehen.“ – „Oh, das ist eine gute Idee. Ja, mach ich.“ Gesagt, getan.
„Ich freue mich so auf morgen. Vor allem, weil wir in den letzten Wochen so wenig Zeit miteinander verbringen konnten.“ – „Ja, du fehlst mir total, auch wenn wir uns jeden Tag sehen! Ich kuschele mich so gerne an dich. Das können wir in der Schule gar nicht so richtig machen.“ – „Das können wir in den nächsten Tagen auf jeden Fall sehr viel nachholen.“ – „Ja. Lass uns jetzt schon auflegen, ich packe schnell die letzten Sachen. Geh aber nicht so spät schlafen!“ – „Nein, habe ich nicht vor, ich bin eigentlich auch schon bettfertig.“ – „Ich liebe dich, Nacht!“ – „Ich dich auch. Schlaf schön.“
Ich legte glücklich auf und ging ins Badezimmer, weil ich mich kurz frisch machen wollte. Petra meinte: „Und, bist du aufgeregt?“ – „Na ja, ein bisschen schon. Vor allem, ich finde es super, dass ich ein paar Tage mit Janine allein sein kann. Zusammen weggefahren sind wir ja noch nicht… Ich bin total gespannt.“ – „Das ist auch was Besonderes, wenn man zum ersten Mal gemeinsam wegfährt. Hab Spaß mit ihr und unternehmt viel. Das werden Erinnerungen, die euch danach miteinander verbinden. Ich finde selbst heute noch einige Erinnerungen mit manchen meiner Ex-Partner total schön, weil man gemeinsam tolle Dinge erlebt oder gesehen hat.“ – „Was denn zum Beispiel so?“ – „Ach Großer, wenn ich jetzt damit anfange, kommst du viel zu spät ins Bett. Das erzähle ich dir ein anderes Mal. Sieh zu, dass du rechtzeitig ins Bett kommst.“ – „Na gut, ok.“ Ich bereitete ein paar letzte Dinge vor, wünschte Petra eine gute Nacht und las noch eine Nachricht von Janine, in der sie betonte, wie sehr sie sich freute. Meine Freude ging nicht zu steigern – ich schickte Janine einfach nur einen Herzsmiley als Antwort zurück.
In der Nacht wälzte ich mich im Bett eine ganze Weile hin und her, weil mir all die Dinge, die ich so erzählt bekommen hatte, im Kopf umhergingen. Allen voran das lange Gespräch mit Tim und die Vermutung, dass ich mit Janine wohl eine ganze Menge erleben würde, wühlte mich auf, sodass ich irgendwann endlich müde einschlief.
Ziemlich früh klingelte der Wecker. An sich war ich die Uhrzeit durch die Schule schon gewohnt, aber durch mein unfreiwillig langes Wachbleiben war ich reichlich müde. Petra stand unerwartet extra so früh kurz mit auf, um mir sogar noch Essen für die Fahrt zu machen – das war eigentlich gar nicht abgemacht gewesen und ich fand das wirklich lieb von ihr. Am riesigen Hauptbahnhof suchte ich nach dem Gleis und fand dort Janine, die schon auf mich wartete. Sie war dick eingepackt, weil es auch weiterhin ziemlich kühl war – umso interessanter fand ich, dass sie einen recht kurzen Rock und Strumpfhosen trug. Sie war recht wenig geschminkt, eben genau so, wie ich sie am meisten liebte. Ihre Augen waren ein wenig mit Wimperntusche betont, aber sonst war sie ziemlich natürlich. Ihre langen Haare waren offen. Sie trug Schuhe mit kleinen Absätzen, was mich überraschte, da wir heute am Zielort sicher noch einige Wege laufen würden.
Kaum, dass ich wenige Meter von ihr entfernt war, ließ sie ihren Koffer kurz stehen und rannte mir trotz der Schuhe entgegen, sodass ich glatt etwas Schwierigkeiten hatte, sie aufzufangen, weil ich darauf einfach nicht vorbereitet war. Direkt nach der Umarmung gab es einen langen, ausführlichen Kuss, der mich schon wieder ziemlich anmachte. Ich sagte nach unserem Kuss und nachdem ich sie von oben bis unten musterte: „Du siehst echt geil aus.“ Dieser Satz rutschte mir in dieser Situation einfach so raus, normalerweise war ich eigentlich kein großer Fan von – in meinen Augen – billigen Sprüchen. Aber dadurch, dass ich müde war, saß meine Zunge auch etwas lockerer… und das war nicht nur darauf bezogen, dass Janine und ich nach einiger Zeit mit durchaus anziehenden Zungenküssen angefangen hatten. Unsere Zungenküsse gingen trotz der recht vielen Knutschereien von uns meist bisher sehr kurz, auch wenn wir schon gespürt und herausgefunden hatten, dass uns solche Küsse durchaus anmachten. Das war einer der wenigen Momente, in denen wir sehr klar über unsere Sexualität sprachen – ich schwieg mich diesbezüglich eben eher gerne aus und versuchte, die Dinge zunächst mit mir selbst auszumachen.
Sie bekam große Augen und fing an, zu lachen. „Dass du mal so was sagst!“ – „Du siehst halt einfach sexy aus und ich finde dich einfach toll.“ – „Danke, Bärchie.“ Es folgte ein weiterer, langer Kuss. Wir gingen zu ihrem verwaisten Koffer. „Auch wenn ich das toll finde, aber… Bist du sicher, dass das so eine gute Idee mit diesen Schuhen ist? Wir laufen nachher vom Bahnhof bis zur Unterkunft doch über eine halbe Stunde.“ – „Du bist süß. Ich habe noch ein zweites Paar Schuhe in der Tasche, die ich nachher anziehe, wenn wir zur Unterkunft gehen.“ – „Ah, alles klar. Ich… finde dich einfach toll.“ Ich bekam tatsächlich nicht genug von ihrem Anblick. Ich spürte, dass ich wohl noch nie so erregt von ihr war – ich spürte generell aber auch, dass ich einfach allgemein ziemlich leicht erregbar war… vielleicht wegen meiner starken Müdigkeit? Dieses heftige Gefühl überforderte mich etwas, weil ich das so intensiv von mir nicht kannte.
„Ui, was ist denn mit dir los? Aber komm noch mal her.“ Sie umarmte mich erneut und roch an meinem Hals. „Du riechst total gut, hast du ein neues Parfüm?“ – „Ja, habe ich. Also habe ich doch richtig gelegen mit meiner Einschätzung, dass du das mögen wirst.“ – „Das ist toll! Hast du das vielleicht auch für die nächsten Tage bei?“ Ich grinste und nickte.
Wir verbrachten die Restzeit bis zur Abfahrt des Zuges in einem der Zeitungsläden des Bahnhofs. Ich las in verschiedenen technisch angehauchten Zeitschriften, während Janine sich in der Roman-Ecke austobte. Wir kauften aber nichts, da unser Budget trotz allem natürlich recht begrenzt war und wir auch noch Geld für ein paar Aktivitäten übrighaben wollten. Hand in Hand ging es zum Bahnsteig, wo wir in den Zug stiegen. Unsere Plätze hatten wir schnell gefunden und ich half ihr dabei, das Gepäck nach oben zu hieven. Als ich ihren Koffer anhob, verhob ich mich gefühlt fast, weil der so schwer war – ich sagte dabei direkt: „Hey, was hast du eingepackt? Backsteine?“ Ich war froh, dass meine Operationsnarbe trotz er körperlichen Belastung nicht mehr spürbar war, offenbar war nun wirklich alles gut verheilt. Janine war drauf und dran, mir lachend in die Seite zu piksen, doch ich meinte schon vorsorglich: „Mach das lieber nicht, sonst lasse ich den Koffer noch unabsichtlich fallen und du wirst schauen müssen, wie du deine Steine da nach oben bekommst.“ Sie streckte mir einfach die Zunge raus und schmunzelnd setzten wir uns auf unsere Plätze. Wir hatten kein Viererabteil, sondern nur unsere Plätze nebeneinander, sodass wir direkt gegenüber niemanden sitzen hatten. Vor und hinter uns saßen zwar Leute, aber das war nicht weiter schlimm, wir waren für uns allein.
Nach einigen Minuten Zugfahrt begann Janine zu zeichnen. Ich fragte erstaunt: „Ich wusste gar nicht, dass du gerne zeichnest.“ – „Tja, du weißt noch so einiges nicht…“ Sie legte dabei einen unheimlich verführerischen, aber gleichzeitig auch herausfordernden Blick auf, der mich irgendwie sehr verunsicherte – solche Blicke kannte ich von ihr eher selten. „Ist dir denn nie aufgefallen, dass ich in Kunst oft ziemlich schnell mit meinen Bildern fertig bin und noch weitere mache?“ – „Nein, ehrlich gesagt nicht.“ – „Liegt aber auch vielleicht daran, dass du dich mit Tim in Kunst immer wieder mit anderen Dingen beschäftigst.“ Wir schmunzelten, weil sie Recht hatte. Tim und ich hatten überhaupt keinen Bock auf Kunst und uns war es ein Rätsel, wie wir bisher immer mit guten Noten rauskamen… Oftmals beschäftigten wir uns mit anderen Themen oder verquatschten gerne die Zeit, um erst im letzten Moment unsere Bilder abgabefertig zu bekommen. „Lalala“, versuchte ich vom Thema abzulenken, was Janine mit einem weiteren Grinsen quittierte. Ich spielte ein wenig mit meinem Smartphone rum und steckte es aber nach einigen Minuten weg, weil mir langweilig wurde. So lehnte ich mich zurück und spürte meine starke Müdigkeit, sodass ich kurz meine Augen schloss. Plötzlich spürte ich, wie Janine meinen Kopf kraulte, was mich erst recht entspannte. Ich fragte sie: „Aber du kannst ja gar nicht richtig zeichnen.“ – „Ist doch nicht schlimm. Ich denke darüber nach, was ich zeichnen will. Und du entspannst dich jetzt einfach.“ – „Aber…“ – „Nichts aber. Ich sehe doch, dass du völlig übermüdet bist.“ Sie gab mir vorsichtig einen Kuss und kraulte weiter meinen Kopf, sodass ich echt richtig schnell wegsackte und mich dabei mich ein wenig an Janine anlehnte, soweit das durch die Armlehnen möglich war.
Eine gute Stunde später wachte ich auf, weil ich bemerkte, dass Janine offenbar nach unseren Zugtickets kramte und sie gerade in meinen Jackentaschen danach suchte. Nach der Fahrscheinkontrolle meinte Janine zu mir: „Na, hast du ein bisschen schlafen können?“ – „Ja, ich habe die ganze Zeit geschlafen, ich war einfach so fürchterlich müde.“ – „Aber warum das? Bist du nach unserem Telefonieren gestern nicht direkt ins Bett gegangen?“ – „Ja, schon, ich konnte ewig nicht schlafen, weil mir so viele Dinge durch den Kopf gegangen sind.“ – „Wegen der Reise oder wegen was anderem?“ Ehrlich gesagt wollte ich Janine nicht die ganze Wahrheit erzählen, weil ich meine Gedanken zu unserer Sexualität nicht so richtig mit ihr teilen wollte. Sie hatte so oder so bereits festgestellt, dass ich in diesen Dingen deutlich vorsichtiger war. Ich entschied mich daher zu einem Mittelweg: „Na ja, ich habe mir halt Sorgen gemacht, ob das alles so klappen wird mit unserer Fahrt.“ – „Darum brauchst du dir doch nun wirklich keine Gedanken machen, es ist doch alles gebucht und geplant.“ – „Ja… Es beschäftigt mich halt alles, weil das so neu ist, wir haben gleich mehrere Tage für uns ganz allein, wo definitiv keiner uns stören wird, und irgendwie hat mich dieser Gedanke nicht in Ruhe gelassen.“ – „Entspanne dich doch einfach.“ – „Na ja, und es ist-“ Sie kam mir daraufhin mit ihrem Gesicht wieder sehr nahe, schaute mir direkt in die Augen und meinte: „Jetzt sei doch nicht so nervös. Wir kennen uns doch schon sehr lange, es ist doch alles in Ordnung. Ich sage es noch mal: Entspanne dich einfach. Du machst dir viel zu viele Gedanken.“ … womit sie auch definitiv Recht hatte. Sie kraulte ohne Vorwarnung erneut meinen Kopf, was mich wirklich enorm herunterfahren konnte. „Lass doch einfach alles auf dich zukommen.“ Ich nickte vorsichtig, sagte aber nichts weiter. „Das muss ich mir merken, dass ich dich mit dem Kraulen komplett zum Entspannen bekomme. Das ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit.“ Sie schmunzelte und steckte mich damit schnell an, weil mir zuvor echt nicht so richtig bewusst war, wie empfindlich ich am Kopf war. Aber Janine hatte wirklich Talent beim Kraulen meines Kopfes. Irgendwann hörte sie mit dem Kraulen auf und steckte mir plötzlich einen Kopfhörer in mein Ohr. Wir hörten Musik und sie kuschelte sich einfach an mich. Das war auch eine Sache, die Janine und ich gemeinsam hatten: Wir hörten ziemlich ähnliche Musik und teilten die Liebe für gleich mehrere Bands.
Ich legte meinen Arm um sie und fühlte mich einfach wohl, auch wenn mich nach einiger Zeit die Gedanken an die kommenden Tage irgendwie wieder verunsicherten. Janine schien das sogar zu bemerken: „Ist alles ok? Du wirkst total unruhig oder ist das nur der wackelnde Zug?“ Ich sagte darauf einen Moment zu lang nichts, weil ich darüber nachdachte, sodass Janine sich leicht aufrichtete und mir wieder sehr nah in die Augen schaute. „Ganz ehrlich, über was denkst du so intensiv nach?“ Sie war nun sehr direkt und konnte es mir direkt aus den Augen ablesen, wenn ich auch nur irgendeine Ausflucht genommen hätte. Daher antwortete ich wahrheitsgemäß: „Na ja, ich habe gerade einfach nur darüber nachgedacht, ob du in den nächsten Tagen womöglich noch mehr ausprobieren willst oder so.“ – „Meinst du, ob ich mehr als nur kuscheln mit dir will?“ – „Ja.“ – „Wenn es sich ergibt, warum nicht?“ Ich war hinsichtlich ihrer Ehrlichkeit kurz sprachlos, auch wenn mir ja eigentlich vorher klar war, dass es darauf hinauslaufen würde. „Du schaust völlig entsetzt, was ist denn daran jetzt so schlimm?“ Janine sah so aus, als würde sie mein Blick verletzen. „Nichts … Schlimm ist daran ganz und gar nichts.“ – „Aber?“ – „Nichts aber.“ – „Na komm, jetzt sei nicht so verkrampft, wir haben jetzt so viele Wochen so wenig Zeit für uns gehabt, natürlich möchte ich vielleicht mehr ausprobieren, was hast du erwartet?“ – „Eigentlich nichts anderes.“ – „Na siehst du. Es ist doch alles ok, warum bist du immer noch so unsicher?“ – „Ich weiß nicht, manchmal macht mich das einfach alles nervös und so.“ Janine hob diesen direkten Blick auf, ließ sich in den Sitz zurückfallen und schaute stur nach vorne. Sie flüsterte leise: „Mach dich doch einfach locker. In der Schule und sonst so bist du doch auch locker, warum bist du es denn in diesen Dingen nicht auch? Kuscheln und so macht dir doch auch nichts mehr aus, und sogar bei Zungenküssen hast du schnell mitgemacht.“ – „Ich weiß nicht, irgendwie verunsichert mich das immer wieder. Ich brauche einfach Zeit, mich an all diese Dinge zu gewöhnen.“ – „Entspann dich doch einfach.“
Wir schwiegen daraufhin eine Weile und ich bemerkte, dass Janine eingeschlafen war. Ich war sogar ganz dankbar dafür, da ich damit dem Gespräch entkommen konnte. Letztlich schlief sie lange, offenbar war sie doch weit müder, als es die ganze Zeit wirkte. Ich dachte während der Fahrt lange darüber nach, was mich wohl noch so erwarten sollte und versuchte, wieder die Lockerheit zu gewinnen, die Janine eben gefordert hatte. Als sie aufwachte, waren wir nicht mehr allzu weit vom Ziel entfernt und ich bemerkte, dass Janine wieder so richtig liebevoll war. Wir sprachen allerdings auch nicht mehr über das Thema sexuelle Nähe.