Kapitel 23

Pärchenabend

Am nächsten Morgen wartete ich an meiner Bushaltestelle wieder auf Janine. Nach einer kurzen Knutscherei, die von Seiten Janines wieder ziemlich wild war, griff sie ganz selbstverständlich nach meiner Hand und fragte: „Hey, wie wollen wir das eigentlich jetzt in der Schule machen?“ – „Was meinst du?“ – „Willst du in der Schule zeigen, dass wir zusammen sind?“ – „Mhm, ich weiß nicht. Mir wäre es schon ganz recht, wenn wir das nicht so zeigen.“ – „Ja, das klingt doch ganz ok. Diejenigen, die uns kennen, werden es doch abgesehen davon recht schnell bemerken. So was spüren die doch garantiert.“ – „Ja, das stimmt. Dann zeigen wir das halt nicht so sehr. In den Pausen haben wir doch bestimmt auch öfters etwas Zeit ganz für uns allein.“ Janine grinste verschmitzt und meinte: „Bestimmt…“

Sie ließ es sich aber zumindest nicht nehmen, bis zur Schule Hand in Hand mit mir zu laufen, auch wenn einige aus der Klasse, die genau hinter uns liefen, das direkt mitbekamen. Ich hatte zwischenzeitlich fast den Eindruck, als genoss es Janine, dass vor allem Jungs aus unserer Klasse sahen, dass sie mit mir nun zusammen war. In der Schule taten wir aber letztlich so, als wären wir nur Freunde, auch wenn uns weitaus mehr verband. Jedes Mal im Unterricht, wenn ich sie anschaute, lächelte sie breit oder machte irgendwelche Faxen, sodass der Unterricht viel entspannter als bisher vorüber ging. Da mich Janine einfach glücklich machte, war ich zugleich viel aktiver, wodurch ich mich im Unterricht auch mehr beteiligte.

Tim, der neben mir saß, flüsterte in einer kleinen Pause zu mir: „Man bemerkt gleich, dass es euch viel, viel besser geht. Vor allem spürt man aber auch, dass ihr zusammen seid.“ – „Ist das so offensichtlich?“ – „Ja, absolut. Ein paar Jungs aus der Klasse haben mich auch schon darauf angesprochen. Ich wette, einige sind ganz schön neidisch. Ich habe dir schon vor einer Weile gesagt, dass einige wohl ein Auge auf Janine geworfen hatten… Baue daher keinen Mist mit Janine.“ – „Ich versuch es. Das fühlt sich alles so komisch bisher an. Ich bin das nicht gewohnt… das Knutschen mit Janine zum Beispiel.“ – „Mach dich locker. Das wird später noch wesentlich mehr.“ Ich schaute ihn skeptisch an und er wiederholte den ersten Teil seiner letzten Aussage.

An diesem Nachmittag und Abend sah ich Janine nicht weiter, da ich zum Zahnarzt musste und Janine zum ersten Mal eine Nachhilfestunde gab. Sie hatte sich Ende des letzten Schuljahrs auf eine Liste eingetragen und es hatte sich direkt an diesem Schultag jemand gemeldet, mit dem sie sich spontan zum ersten Mal an diesem Tag traf. Abends telefonierten wir etwas kürzer, weil Janine noch ihre Hausaufgaben machen musste – sie erzählte mir zumindest kurz, dass ihre erste Stunde wohl gut über die Bühne ging und dass sie es irgendwie ganz cool fand. Praktisch war außerdem, dass sie sich einige Euro damit dazu verdienen konnte, welche sie sicherlich ganz gut gebrauchen konnte. Durch ihr Make-Up und einige andere weibliche Dinge hatte sie vermutlich weitaus mehr feste monatliche Ausgaben als ich.

Direkt am nächsten Tag verbrachten wir nach der Schule wieder Zeit miteinander. In der Schule spürte ich schon oft, dass es mich einfach glücklich machte, wenn ich sie anschaute und ein Lächeln von ihr zurückbekam. Als sie direkt nach der Schule mit zu mir nach Hause kam, verschwendeten wir den Großteil der Zeit eigentlich damit, rumzuknutschen. Erst nach einer ganzen Weile setzten wir uns gemeinsam an die Hausaufgaben. Durch Aufgabenteilung sparten wir eine Menge Zeit und hatten danach wieder Zeit füreinander. Außer, dass wir eine ganze Menge knutschten und sie mir noch bei einem Einkauf für den Haushalt half, passierte an diesem Tag nicht viel mehr.

Zwei Tage später trafen wir uns gemeinsam mit Tim nach der Schule. Wir hingen zunächst eine Zeit über bei mir zu Hause ab, wo wir einen Film schauten, danach gingen wir noch zu einem Billard-Café in der Nähe und spielten dort eine Weile. Während wir dort waren, aber auch schon vorher, zeigten Janine und ich unsere Nähe nun auch vor Tim. Er hatte es bisher nur in der Schule wahrgenommen, dort waren wir aber eher sehr reserviert, weil wir das ja nun nicht so sehr zeigen wollten. Janine zeigte insgesamt gesehen bei diesem Treffen die Nähe weitaus mehr als ich, ich hielt mich in der Hinsicht insgesamt eher zurück, weil ich das auch halt gar nicht gewohnt war. Sie animierte mich in jedem Fall öfters dazu, mehr aus mich herauszukommen und lockerer zu werden, dafür war ich ihr schon ziemlich dankbar. Während des Billards alberten wir so viel herum, dass Janine und ich gleichzeitig die Stöße mit einem Queue machten. Einerseits konnte ich damit wieder die körperliche Nähe zu ihr genießen, andererseits war das Spiel dadurch natürlich völlig nutzlos, weil wir nichts auf die Reihe bekamen. Tim hatte aber unendlich viel Geduld an diesem Abend, er lachte die meiste Zeit mit.

Am späten Donnerstagabend telefonierte ich mit Christian, mit dem ich schon wieder einige Zeit nicht mehr gesprochen hatte. Er freute sich ziemlich mit, als ich ihm die Neuigkeiten von Janine und mir erzählte, und gratulierte mir zu dieser Entscheidung. Ein neues Treffen machten wir noch nicht aus, da seine wie meine Zeitverhältnisse recht schwierig aktuell waren, aber wir verabredeten zumindest, dass wir in den nächsten Wochen wieder telefonierten oder Nachrichten austauschten.

Petra blieb am Freitagabend bei ihrem Freund über Nacht und fragte mich, ob Janine nicht bei uns übernachten wollen würde. Generell gab mir Petra einen Freifahrtschein: Ich durfte ab sofort Janine bei uns übernachten lassen, wann ich wollte. Ich musste das nicht extra absprechen – die einzige Voraussetzung, die sie hatte, war, dass ich mich weiterhin so gut um meine Schulaufgaben kümmern würde. Abgesehen davon war ihr wie mir klar, dass Janine meist nur am Wochenende bei uns bleiben konnte, weil wir mit der Schule im Normalfall genug zu tun hatten.

Janine fand meinen spontanen Vorschlag am Freitag in der Schule super, sagte aber, dass sie noch nach Hause fahren müsse, da sie natürlich keine Übernachtungssachen bei sich hatte. Es passte zeitlich gut, da ich noch zwei Stunden Informatik und sie vor mir Schluss hatte. Sie fuhr daher entspannt nach Hause und holte ihre Sachen, während ich mich durch Informatik kämpfte und sie später von der U-Bahnstation nahe meinem Zuhause einsammelte. Aber das Wochenende wurde noch genialer: Janine erzählte mir, dass Melanie wohl offenbar überlegt hatte, Janines Oma, sprich ihre eigene Mutter, besuchen zu gehen. Perfekt, wir hatten das gesamte Wochenende für uns!

Als wir auf den letzten Metern zu meinem Zuhause waren, fragte Janine: „Sag, was hältst du davon, wenn wir heute einen Pärchenabend machen?“ – „Pärchenabend? Mit wem meinst du?“ – „Na mit Tim und Anna. Ich hätte Lust drauf. Außerdem würde ich gerne mehr mit Anna unternehmen, wir sehen sie ja ziemlich selten.“ – „Eine gute Idee.“ – „Meinst du, das geht einfach bei euch in der Wohnung?“ Ich entgegnete ihr: „Na ja, eigentlich müsste ich Petra vorher um Erlaubnis fragen. Aber na ja, die Frage ist ja auch, was du mit Tim und Anna unternehmen willst?“ – „Was hältst du von einem gemeinsamen Filmabend? Aber ich befürchte, dein Zimmer ist zu klein dafür.“ – „Ja, um entspannt zu viert abzuhängen, fehlt schon der Platz. Na ja, solange wir nichts dreckig machen, ist es sicher auch nicht schlimm, wenn wir im Wohnzimmer die Filme schauen. Dein Vorschlag ist echt spontan! Weißt du denn, ob Tim und Anna überhaupt heute Zeit haben?“ – „Na ja, das könnte das Problem sein. Ich weiß nur, dass Tim Zeit hat. Ich rufe Tim an, ok?“ – „Ja, aber nimm mein Telefon, ich kann ihn kostenlos anrufen.“ – „Ok, super. Warum kannst du alle Leute kostenlos anrufen?“ – „Nicht alle, ich habe bei Tim und dir einfach Glück, weil ihr das gleiche Netz wie ich habt.“ Sie rief Tim von meinem Handy an und er meldete sich mit „Na Frauenschwarm, was ist los?“, worauf mich Janine irritiert anschaute und ich ihr kurz das Telefon aus der Hand nahm: „Haha, Spaßvogel. Janine hat dich gerade über mein Handy angerufen…“ – „Oh, verdammt, was?“ – „Aber jetzt, wo du dran bist, kann ich dich auch direkt fragen: Haben Anna und du heute Lust, zu mir zu kommen? Ich habe sturmfrei und Janine hatte einen Filmabend vorgeschlagen.“ – „Das klingt cool. Ich rufe dich gleich zurück, ich frage Anna eben. Eigentlich war es nicht geplant, dass ich sie heute noch sehe.“ Wir legten auf und Janine schaute mich tatsächlich mit einer Mischung aus grummelig und belustigt an.

„Frauenschwarm, aha?!“ – „Ich weiß auch nicht, wie er darauf kommt.“ – „Rennen dir etwa noch mehr Frauen hinterher?“ – „Nein, nein, wie kommst du denn darauf?“ – „Ohne Grund wird er das doch nicht gesagt haben!“ – „Nein, der Doofkopf zieht mich immer wieder damit auf, dass ich damals bei Julia so gekniffen habe. Er betont damit immer wieder, wie wenig erfolgreich er mich in solchen Sachen findet.“ – „Aha?!“ – „Jetzt schau nicht so angriffslustig, er ärgert mich damit doch nur.“ – „Ja ja…“ Ich bemerkte nach einigen Sekunden, dass sie mich auch nur kräftig aufs Korn nahm. „Man, was habt ihr alle nur, dass ihr mich damit aufziehen müsst?“ – „Die Vorlage ist einfach zu gut.“ – „Außerdem kannst du doch froh sein, dass ich mich nicht noch mehr auf Julia eingelassen habe, wer weiß, wie…“ Sie rammte mir ihren Ellenbogen in die Seite, damit ich zum Schweigen kam. Ich spürte, dass Julia und das schwierige Zusammenkommen mit Janine immer noch sehr sensible Themen waren, welche Janine mit dem Ellenbogenschlag direkt unterbinden wollte. Ich verstand ihre Reaktion und überspielte das Ganze einfach nur, indem ich sagte: „Na warte, für das Ärgern kriege ich dich noch dran, das bekommst du wieder.“ Sie kicherte nur vor sich hin, während ich mitten im Bus zu einer Kitzelattacke überging, die sie nur zum kleinen Teil abwehren konnte. Im Anschluss entschuldigte sie sich bei mir, weil sie sich Sorgen machte, dass sie mir durch meine Operationsnarben womöglich Schmerzen zugefügt hatte, was glücklicherweise nicht der Fall war.

Kurze Zeit später unterbrach Tim meine Revanche an Janine, indem er mir sagte, dass die beiden sogar Zeit hatten. Janine freute sich sehr. Tim und Anna brachten Knabberzeug mit, während Janine und ich versprachen, noch ein paar wenige Getränke zu organisieren. Kaum, dass sie und ich bei mir zu Hause ankamen, huschten wir noch schnell zum Supermarkt los.

Janine war, als wir wieder bei mir zu Hause waren und ich das Wohnzimmer ein wenig vorbereitete, richtig aus dem Häuschen, so aufgekratzt kannte ich sie kaum. Ich machte mich im Bad zwischendurch auch noch kurz frisch und als ich wieder im Wohnzimmer stand, kam Janine ziemlich schnell auf mich zu und knutschte ziemlich intensiv mit mir herum, was mich einerseits ziemlich perplex machte, andererseits erregte. „Dieses Parfüm, was du benutzt, das ist voll toll!“ Sie umarmte mich eine ganze Weile, um an meinem Hals riechen zu können. Ich war immer ein wenig peinlich berührt, wenn Janine mir solche Komplimente machte, so auch in diesem Fall. Ich spürte schnell, dass ich im Anschluss ein wenig rot wurde – das passierte zwar eher selten, aber Janine bemerkte es dafür umso öfter. Sie meinte zu mir: „Also komm, du brauchst doch jetzt nicht mehr rot zu werden, gewöhne dich daran. Du weißt, dass du mir total gefällst.“ – „Na ja, das ist halt trotzdem… ungewohnt.“ – „Du bist süß, wenn du das so sagst. Gewöhne dich einfach daran.“ Sie küsste mich und ich sagte: „Dass ich dich toll finde, das weißt du ja.“ – „Ja, ich habe es dir jedes Mal angesehen, auch wenn du nichts gesagt hast.“ – „War ich so leicht zu durchschauen?“ – „Dein Blick hat dich jedes Mal verraten, wenn wir uns getroffen haben.“ Sie steckte mich mit ihrem Kichern richtig an.

Anna und Tim waren pünktlich um 20 Uhr da. Nachdem wir bisher mit Anna noch nicht so sehr viel gesprochen hatten, war es umso spannender, was für ein Mensch sie war. Der erste richtige Eindruck war in jedem Fall sehr positiv, sie war ziemlich höflich, aber auch direkt. Ihr Kompliment über unsere große Wohnung war genau solch ein Beispiel: eine sehr große Wohnung, in der man sicher super Party machen konnte. Wir reizten wieder mein Film- und Serien-Abo aus und irgendwie rechnete ich schon damit, dass Tim für einen Gruselfilm stimmen würde. Janine und Anna wollten auf jeden Fall eine halbwegs neue Komödie sehen und ich stimmte beiden Filmen einfach zu. Janine war über den Gruselfilm sicher nicht so glücklich, da sie mir selbst in den Monaten, nachdem ich sie beim gemeinsamen Gruselfilm schauen erschreckte, immer wieder erzählte, dass sie noch schlecht davon träumen würde. Als Janine und Anna kurz am Quatschen waren, machten Tim und ich relativ leise aus, dass wir erst die mitgebrachte Komödie starten würden, damit wir am späten Abend genau die richtige Stimmung für den Horrorfilm hatten. Mir war aber klar, dass ich Janine nie wieder bei einem Gruselfilm erschrecken würde. Es tat mir leid, dass sie immer noch vereinzelt schlecht deswegen schlief.

Da wir in unserem Wohnzimmer eine große Couchecke hatten, hatte jedes Pärchen von uns ein Teil für sich. Ich organisierte noch zwei Tagesdecken für uns, die aber eigentlich mehr für die Frauen als für Tim oder mich gedacht waren. Die Komödie war witzig und wir alle hatten einfach eine Menge Spaß. Da es bereits 23 Uhr war und der nächste Film bevorstand, drehte ich das Licht im Wohnzimmer bewusst ein ganzes Stück weit runter, worauf Janine fragte: „Bist du sicher? Willst… du es nicht eher heller lassen? Ich habe fiese Erinnerungen an das letzte Mal!“ – „Ja, stimmt, du hast Recht… Ich mache es wieder etwas heller.“ Ich zwinkerte Tim an und die anderen beiden sahen das natürlich, fügten sich aber ihrem Schicksal… Aber ich kam ihnen mit der Helligkeit definitiv entgegen, weil ich nicht wollte, dass sie sich womöglich zu sehr gruselten.

Kaum, dass der Horrorfilm zehn Minuten lief, verbuddelte sich Janine unter unserer Decke. Anna tat das Gleiche mit ihrer Decke, teilweise hielt auch Tims Schulter zum Verdecken her. Ich fand Janine eigentlich vor allem besonders knuffig, als sie mich währenddessen immer wieder leise fragte, was da gerade auf dem Bildschirm passierte, weil sie nicht hinschaute, aber trotzdem wissen wollte, wie es weiter ging. Janine und Anna waren im Laufe des Filmes auf jeden Fall völlig traumatisiert und Janine wollte mich am Ende nicht aufstehen lassen, um den Fernseher nach dem Ende des Filmes abzuschalten und das Licht im Raum wieder heller zu drehen. Erst nach zwei Minuten ließ sie mich gehen, weil sie ängstlich war. So kannte ich sie definitiv auch noch nicht. Es war für mich auf jeden Fall ein ernsthaftes Alarmzeichen, dass ich keine klassischen Gruselfilme mehr mit ihr schauen sollte, weil sie sich wirklich sehr währenddessen reinsteigerte. Zumindest würde ich bei einem weiteren Horrorfilm das Licht hell anlassen, um die Atmosphäre für sie nicht bedrückender zu machen.

Nach den Filmen war es bereits halb zwei morgens. Wir alle waren schon wirklich müde. Tim und Anna taten mir leid, da sie noch eine ganze Weile bis zu Tim nach Hause fahren mussten. Am liebsten hätte ich den beiden noch Schlafplätze im Wohnzimmer angeboten, aber ich hatte weder genug Bettzeug, noch wusste ich, wann Petra am nächsten – also diesen – Tag wieder zu Hause sein würde. Mein schlechtes Gewissen, dass ich einfach das Wohnzimmer in Beschlag genommen hatte, ohne sie zu fragen, war schon groß genug. Anna und Tim verabschiedeten sich nach den Filmen entsprechend schnell und nahmen es locker, dass sie noch nach Hause fahren mussten. Zumindest gingen die beiden genau passend zur Bushaltestelle los, sodass sie dort nicht mehr als fünf Minuten warten mussten. Der Nachtbus kam hier alle 30 bis 60 Minuten, je nach Richtung.

Ich räumte das Wohnzimmer auf, sodass es fast wieder optimal aussah. Am nächsten Tag wollte ich zumindest noch staubsaugen, da wir durch unser Knabberzeug recht viel gekrümelt hatten. Als Janine und ich bettfertig waren, kuschelten wir uns in meinem Bett nah aneinander und sprachen noch über den Abend. Sie war trotz des Gruselfilms von dem Abend mit Tim und Anna total geflasht. Mir ging es ähnlich, ich fühlte mich einfach wohl und hatte zudem einen guten Eindruck von Anna bekommen, mit der man auf jeden Fall gut Spaß haben konnte.

Ausnahmsweise brauchten wir nicht lang, um einzuschlafen. Als ich irgendwann am frühen Morgen aufwachte, bemerkte ich, dass Janine und ich auch weiterhin sehr nah beieinander schliefen. Ich beobachtete sie eine kurze Zeit lang und spürte einfach wieder, wie sehr sie mich anzog… bis ich wieder einschlief. Am nächsten Vormittag erwachte ich das nächste Mal hektisch durch Janine. Sie rüttelte recht fest an mir und sagte aufgebracht: „Verdammt, wir haben verschlafen, wir kommen zu spät!“ Ich war völlig durcheinander und verstand die Lage nicht mehr: „Wie spät ist es denn überhaupt? Und wozu kommen wir denn zu spät?“ – „Wir haben es gerade halb neun! Wir kommen doch viel zu spät zur Schule!“ – „Hey… beruhige dich. Heute ist Samstag. Wir haben heute keine Schule.“ Mit einem kurzen Zögern fragte sie zurück: „Haben wir nicht?“ – „Nein, keine Schule, es ist Samstag. Nun komm und leg dich wieder hin, ich bin müde und kalt ist mir ohne dich und ohne die Decke auch noch.“ – „Oh, okay… Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Offenbar war das alles nur ein Traum gerade, dass ich darin geglaubt habe, dass heute Schule sei.“ – „Schon ok, das ist doch nicht schlimm. Du kannst mich immer wecken, wenn irgendwas los ist. Aber lasse uns jetzt einfach weiter schlafen… ok?“ – „Ja, na klar.“ Sie kuschelte sich wieder an mich heran und ich schlief trotz der Unterbrechung sehr fix wieder ein.

Mittags wachte ich das letzte Mal auf. Ich streckte mich vorsichtig und bemerkte, dass Janine weiterhin total an mich geschmiegt war. Ich richtete mich auf, löste mich von Janine, deckte sie vollständig zu und ging ins Bad. Nachdem ich mich ein bisschen frisch gemacht hatte, ging ich in die Küche und bereitete das „Frühstück“ für Janine und mich vor. Ich aß am Küchentisch direkt schon selbst mein Essen, weil ich unfassbar hungrig war und quatschte parallel mit Tim am Handy, da er mir zuvor eine Nachricht geschrieben hatte. Tim meinte während des Gespräches zu mir: „Ich fand den Abend gestern richtig super, die Filme waren cool. Du scheinst auch deinen Spaß gehabt zu haben, oder?“ Darauf ich: „Ja, das hat wirklich Spaß gemacht. Petra braucht aber davon nichts zu wissen, hehe.“ – „Ach, wusste sie gar nichts davon?“ – „Nein, das ist aber auch nicht weiter schlimm. Das Wohnzimmer sieht fast wieder genauso aus wie früher. Abgesehen davon ist es unser gemeinsames Wohnzimmer… die meisten Sachen gehören sozusagen mir.“ Wir schwiegen einige Momente lang und er fragte mich: „Das läuft richtig gut zwischen Janine und dir, oder?“ – „Ja, es ist echt schön. Das ist alles so seltsam für mich, ich kenne das ja bisher nur so halb… halt nicht so richtig. Weißt du, was ich meine?“ – „Ich weiß genau, was du meinst. Am Anfang, als ich mit Anna zusammenkam, hatte ich das gleiche Gefühl.“ – „Ich weiß auch nicht. Es ist halt alles komisch. Aber ich glaube, ich bin einfach froh, dass das Hin und Her jetzt ein Ende hat. Dass ich jetzt die ganze Zeit für Janine da bin, fühlt sich manchmal auch ein bisschen anstrengend an.“ Er fragte in recht scharfzüngigem Ton: „Anstrengend?“ – „Anstrengend ist vielleicht der falsche Begriff, aber an diese ganzen neuen Situationen muss ich mich gewöhnen… Ich finde es schon manchmal etwas nervenaufreibend, ständig per Nachricht oder Anruf oder so für Janine verfügbar zu sein.“ – „Das erwartet sie doch sicherlich nicht von dir. Wenn du nicht gleich reagierst oder so, wird sie doch niemals was sagen. Sieh das alles einfach entspannt.“ – „Ja, du hast schon Recht.“ – „Dass du ohne große Diskussion einen Ratschlag annimmst!“ – „Wie, was?“ – „Du weißt genau, was ich meine!“ Er schmunzelte und steckte mich damit an. Zum Abschluss meinte er: „Na gut, ich sehe gerade, dass Anna auch langsam wach wird. Wir sehen uns Montag. Ciao!“ – „Bye!“

Ich legte den Hörer auf, als plötzlich Janine in die Küche hineingelaufen kam. Ich bekam einen gehörigen Schreck und zuckte so richtig zusammen. Janine fragte auf einmal mit scharfem Unterton: „Bin ich also so anstrengend, ja?“ Ich bekam kaum mehr ein Wort heraus, weil es mir so fürchterlich unangenehm war, dass sie das offenbar mitbekommen hatte. Das Erste, was ich herausbekam, war eine Gegenfrage: „Warum hast du mein Gespräch belauscht?“ Plötzlich wurde sie kleinlaut: „Also… weißt du…“ – „Sei ehrlich!“ – „Ich habe das Gespräch mitbekommen, aber nur das Ende gerade.“ – „Ich finde das ehrlich gesagt nicht toll. Meine Frage hast du übrigens damit nicht beantwortet.“ – „Tut mir leid. Ich habe halt nur nach dir gesucht und habe gehört, dass du in der Küche bist, und so habe ich halt ein paar Sätze von dir mitbekommen.“ Sie setzte sich einfach ungefragt auf meinen Schoß, womit sie mich schon spürbar positiv beeinflusste… um nicht zu sagen, betörte.

„Aber ich spüre, dass du… das alles toll findest… oder?“ – „Na klar finde ich das schön. Anstrengend ist halt der falsche Begriff. Ich spüre einfach, dass mich all diese Sachen die letzten Abende beschäftigt haben und ich dadurch oft nicht gut schlafen konnte, das meinte ich einfach damit. Ich bin das halt nicht gewohnt.“ – „Das ist schon völlig ok, ich weiß, was du meinst. Ich habe das schon seit zwei Monaten.“ – „Seit zwei Monaten? Warum so lange?“ – „Warum glaubst du wohl so lange?“ Beim Nachdenken fiel mir die Erklärung auch selbst ein: „Weil du schon länger…“ Ich tat mich mit dem Begriff lieben auch weiterhin schwer, sodass Janine einsprang: „… ich schon länger in dich verliebt bin, auch, als der Kontakt zwischen uns weg war. Was mir selbst jetzt noch wehtut, wenn ich so darüber nachdenke.“ Ich wuschelte ihr liebevoll durch die Haare und meinte: „Hey, nicht darüber nachdenken, das ist doch vorbei. Jetzt ist doch alles super! Und… das, was du gehofft hast, ist eingetreten.“ Sie drehte sich auf meinem Schoß, küsste mich ganz vorsichtig und zugleich intensiv. „Bist du mir böse, dass ich etwas gelauscht habe?“, fragte sie mich erneut sehr vorsichtig. „Nein, ich bin dir nicht böse. Aber ich mag so was wirklich nicht.“ – „Das verstehe ich schon.“ Wie aufs Stichwort grummelte ihr Magen sehr laut und sie sagte: „Oh, so langsam bekomme ich richtig großen Hunger…“ – „Schau zum Tablett da, die Brote habe ich für dich vorbereitet.“ – „Das ist echt lieb!“ Sie küsste mich nochmal, setzte sich auf den Stuhl neben mir und fing mit dem Essen an.

Janine aß ganz in Ruhe auf und ich genoss die Zeit mit ihr, auch wenn wir währenddessen über gar nicht so viel sprachen. Im Anschluss spielte ich Hausmann und brachte die Wohnung auf Vordermann. Dabei säuberte und staubsaugte ich ganz besonders das Wohnzimmer. Als ich fertig und kurz in Janines Nähe war, meinte sie urplötzlich: „Weißt du, dass dein Hintern mir ziemlich gut gefällt?“ Ich hob die Augenbrauen ein wenig, schaute Janine an, fing ein wenig an zu stottern und schüttelte den Kopf. Sie grinste und sagte: „Na ja, als du hier gerade durch die Wohnung gedüst bist: Ich fand das toll!“ Ich ließ das einfach grinsend so stehen und kümmerte mich weiter um die Wohnung.

Als ich mit der Wohnung fertig war, war es Nachmittag und Janine und ich entschlossen uns dazu, in ihre Wohnung zu wechseln. Ich packte gemächlich ein paar Sachen für die Übernachtung zusammen, worauf ich mit ihr losging. Da wir es genossen, draußen zu sein, gingen wir den Weg bis zu ihr zu Fuß. Wir sprachen während des Gehens nicht viel, wir genossen in diesem Moment einfach, zusammen zu sein. Janine ging, als wir bei ihr zu Hause ankamen, direkt ins Bad. Ich saß eine Weile in ihrem Zimmer auf der Bettkante und spielte aus Langeweile mit meinem Smartphone herum. Janine kam etwas später aus dem Bad und in ihr Zimmer, öffnete das Fenster, drehte sich schlagartig um, machte einen großen Schritt und schubste mich ein Stück rückwärts – weiter nach hinten – auf ihr Bett rauf. Sie rückte mir von vorne näher… Ich lag da in diesem Moment überrumpelt und bekam mehr oder weniger einen riesigen Schrecken, da ich in diesem Moment so dachte: „Sie kann doch nicht… das kann sie doch nicht wollen… will sie etwa schon mit mir… schlafen?“ Ich war schockiert, sodass ich mich, als Janine mir näherkommen wollte, zur Seite drehte und wieder aufrichtete.