Kapitel 58

Abrechnung

Am Mittwochnachmittag kam zu Hause eine lange Phase, in der ich erneut über alles nachdachte. Währenddessen erinnerte ich mich vor allem auch die sehr vielen schönen Momente, in denen ich mit Janine einfach total glücklich war. Während meiner Erinnerungen kamen mir die Tränen. Ich setzte mich aus Frust an den PC und machte wahllose Internetvideos an, um mich abzulenken. Das half mir ein bisschen, aber mir ging es phasenweise so schlecht, dass ich sofort anfing, zu weinen, sobald ich mich auch nur etwas auf meinem Stuhl bewegte oder aufstand, um mir aus der Küche etwas zu trinken zu holen. Ich spürte an diesem Tag so richtig, dass der Schock über die Trennung nun zu mir durchgedrungen war. Es warf mich völlig aus der Bahn. Diese Schockstarre hatte ich das letzte Mal beim Tod meiner Eltern und auch teilweise beim Tod meiner Oma, wobei ich dort Janine dankbar war, dass sie für mich da war… Mist, ich hatte schon wieder an sie gedacht.

Ich wusste auch weiterhin nicht, ob meine Entscheidung zu 100 Prozent richtig war. Mein Kopf war gegen Janine, mein Gefühl sprach für sie. Wem sollte ich jetzt folgen? Was war jetzt richtig? Den Abend über und den Beginn der Nacht verbrachte ich noch mit den Hausaufgaben, weil ich lange einfach zu nichts zu gebrauchen war.

Janine erzählt:

Ich weinte am Dienstag die ganze Zeit, in der ich zu Hause war. Ich schrie manchmal vor Trauer und Verzweiflung. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wie sollte das Leben ohne Marc weitergehen? Meine ganze Hoffnung lag in meinem Brief. Ich wollte ihm sagen, dass es ein Ausrutscher war. Ich wollte ihn nicht verlieren. Es hatte alles nichts gebracht, er hatte sich gegen mich entschieden.

Ich bekam einen totalen Hass auf Jeremias. Ich wollte mich an ihm rächen. Er hatte dafür gesorgt, dass meine Beziehung den Bach hinunterging. Aber nicht nur auf ihn bekam ich eine ungeheure Wut. Auf den Rest seiner Freunde auch, weil sie vermutlich genau wussten, was Jeremias vorhatte. Es waren alles… ekelhafte Menschen.

Mir war klar, dass ich mich für diese Sache noch irgendwie revanchieren musste. Ich war zu fast allem bereit und damit Marc in seinem austickenden Verhalten näher als jemals zuvor.

Am Mittwoch blieb ich einfach in unserem gemeinsamen Unterricht dort sitzen, wo ich war. Ich hatte mir vorgenommen, Marc ab sofort nicht mehr zu beachten. Es fiel mir extrem schwer. Aber so konnte ich noch am ehesten irgendwie mit der gesamten Situation umgehen. Er fragte mich, ob ich an meinem Platz sitzen wollte. Ich gab ihm keine Antwort. Er setzte sich wirklich von mir weg. Als ich das mit ansehen musste, musste ich mich beherrschen, nicht wieder einen Heulkrampf zu bekommen und nach draußen zu rennen. Ich wollte ihn einfach nicht verlieren. Ich wollte ihn wenigstens in meiner Nähe haben. War es so schlimm für ihn, neben mir sitzen zu bleiben? Warum tat er so, als war ich plötzlich Luft? Tim setzte sich mit meiner Erlaubnis mit ihm um. Ich fand es sehr lieb, dass er mich fragte und spürte, dass er sehr auf meiner Seite war. Vermutlich war er sogar mehr auf meiner als auf Marcs Seite, auch wenn er das nicht so richtig zugeben wollte. Ich fand es aber in Ordnung, dass er sich mit umsetzte, weil ich immer noch die unrealistische Hoffnung hatte, dass Tim vielleicht Einfluss auf ihn nehmen konnte, damit Marc es sich doch noch überlegte. Ich hatte auch irgendwie die Hoffnung, dass Tim die anderen Mitschülerinnen, die da auch vorne im Raum saßen, daran hinderte, sich vielleicht noch an Marc heranzumachen.

Als ich am Mittwochnachmittag nach Hause kam, rief mich Jeremias an. Das hatte er bisher noch nie gemacht, sonst hatte er mir immer nur geschrieben. Aber dass er die Dreistigkeit besaß, mich überhaupt noch anzurufen! Mein Herz raste, weil ich noch nie in meinem Leben einen solchen Hass verspürte. Er fragte mich, ob ich Zeit und Lust hatte, mich mit ihm auf einen Spaziergang zu treffen. Er erklärte das damit, dass er mit mir über das letzte Wochenende sprechen wollte. Ich stimmte ihm zu. Eine Rechnung hatte ich ja schließlich noch offen…

Als wir uns an einer Bushaltestelle in der Nähe eines Parks trafen, ging ich ihm lächelnd entgegen. Wie gequält dieses Lächeln war, konnte in diesem Moment keiner erahnen. Er kam mir entgegen und fragte mich ebenfalls mit einem Lächeln: „Hui, hast ja ganz schön lange her gebraucht. Was war denn los?“ – „Das hat einfach alles gedauert, ich musste mich ja selbst noch fertig machen. Der Bus fiel auch noch aus.“ – „Na ja, egal. Hauptsache, du bist jetzt da. Hey!“ Er kam mir näher, drückte mich zur Umarmung, auf die ich kein bisschen einging und wollte plötzlich allen Ernstes zum Kuss ansetzen. Das war der Auslöser, auf den ich gewartet hatte. Er kam leider nur viel zu früh, weil ich ihm vorher eigentlich kräftig all das an den Kopf werfen wollte, was sich in den letzten Tagen aufgestaut hatte.

Ich schob ihn grob ein Stück nach hinten und holte zwei Mal mit der Hand aus. In diesen beiden Backpfeifen steckte ich alle Kraft, die ich nur irgendwie hatte. Meine ganze Wut steckte in ihnen. Meine Hand schmerzte danach ziemlich, aber das war es mir wert. Ich sah, wie er sich mit beiden Händen seine Wangen festhielt. Damit hatte er definitiv nicht gerechnet. Hinzu kam, dass ich vor dem Treffen ganz bewusst mehrere Ringe an meine Finger gesteckt hatte. Darunter war der Ring Marcs, den er mir zum letzten Weihnachten geschenkt hatte. Ich sah, dass ich ihm auf der rechten Wange einen deutlichen Kratzer hinzugefügt hatte, der sehr rot wurde und anfing, zu bluten. Damit war er genügend bedient.

Er brüllte auf einmal los: „Spinnst du?“ Bei meinen nachfolgenden Worten zitterte ich vor Aufregung. „Der erste Schlag… war dafür, dass du mich am Samstag einfach geküsst hast, obwohl ich das nicht wollte. Und der zweite war für Marc und mich, dass du Arschloch es geschafft hast, ihn und mich auseinander zu bringen. Und ich warne dich…“ Ich zitterte mittlerweile am ganzen Körper, ich war emotional völlig von der Rolle.

Ich fügte hinzu: „… wenn du mich noch einmal anrufst oder geschweige denn mich anfasst, schwöre ich dir, dass ich dich anzeige. Ich will mit dir nie wieder etwas zu tun haben und mit deinen Leuten auch nicht.“ Er schaute total verdutzt und meinte: „Du wolltest das doch auch, also hör auf, solch eine Scheiße zu erzählen!“ – „Ach ja, ich habe das gewollt? Ich habe dir bereits vor einigen Wochen klar gemacht, dass nie etwas aus uns werden wird. Wie schwer ist das zu verstehen? Ich habe dir selbst am Samstag noch deutlich vor allen gesagt, dass du aufhören sollst, mit mir zu flirten. Wie ignorant kann man eigentlich sein?“ Er war kurz sprachlos, was ich nicht erwartet hatte. Ich ergänzte: „Und nun lass mich endlich in Frieden!“ Ich drehte mich von ihm weg und machte mich auf den Weg nach Hause.

Er griff plötzlich meinen Arm und meinte: „So schnell ist die Sache nicht geklärt!“ Ich drehte mich gezwungenermaßen wieder zu ihm und schaute ihn an. „Was meinst du wohl, was Marc dazu sagen wird, wenn er eine Anzeige wegen Körperverletzung bekommt?“ Oha, jetzt kam er mit solchen fiesen Maschen an. „Weißt du, wie armselig du gerade geworden bist? Ich hatte vorher schon keinen Respekt mehr vor dir, aber jetzt hast du den letzten Rest Würde auch noch verspielt.“ Er schaute wütend, ich war aber noch nicht fertig. „Jeremias, ich sage dir das Folgende nur ein einziges Mal: Solltest du Marc wirklich anzeigen, schwöre ich dir, wird es Zeit, anzuzeigen, dass du mich ungewollt geküsst hast und es eben wieder versucht hast, obwohl ich dir sogar vor allen Zeugen gesagt habe, dass ich das nicht möchte. Und warte, hattest du nicht auch ausgeholt, als Marc auf dich losging? Wobei… lass mich gerade nachdenken, Marc hat mich nur vor dich beschützt, schon vergessen? Ich würde sagen, das geht als Notwehr durch, oder, Arschloch? Schon scheiße, wenn man sich ins eigene Fleisch schneiden würde, oder?“ In diesem Augenblick fühlte ich mich so überlegen wie niemals zuvor. Ich mochte Arroganz nicht, aber in diesen Momenten war ich stolz auf mich, mir auch mal so etwas wie Arroganz angeeignet zu haben, zumindest war sie perfekt für diese eine Situation. Jeremias wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte.

Ich ließ ihn erneut stehen und ging einige Meter von ihm weg, bis er mir plötzlich folgte und meine Arme kräftig festhielt. Leichte Angst machte sich in mir breit, weil er wirklich ziemlich kräftig war. Ich wusste definitiv, dass ich keine Chance gegen ihn hatte, wenn er es wirklich darauf anlegen wollen würde. Ich bemerkte, ohne, dass Jeremias es sah, dass mehrere Fußgänger die Szene beobachteten, die nur noch wenige Meter entfernt gerade auf uns zugingen. Jeremias sagte: „Wir sind miteinander noch nicht fertig!“ Nach wenigen Sekunden rief ich um Hilfe, als einer der Fußgänger laut meinte: „Ey, lassen Sie die Frau los!“ Genau in diesem Moment holte ich mit meinem Bein so kräftig aus, wie ich nur konnte. Es war ein Volltreffer, den ich ihm einfach nur gönnte. Er knickte nach meinem Tritt sofort ein und ließ mich direkt los. Seine Schmerzen waren so ausgeprägt, dass er fast kein Wort mehr herausbrachte. Die Fußgänger fragten mich: „Ist mit dir alles in Ordnung?“ – „Ja, ist es. Er hat mich bedroht und hat versucht, mich zu küssen. Ich habe ihm mehrfach gesagt, dass ich das nicht will. Jetzt hat er die Quittung dafür bekommen.“ Um Jeremias kümmerten sich zwei Fußgänger und er versuchte vehement zu verhindern, dass die Polizei und die Feuerwehr gerufen wurden. Ich hatte nicht vor, zu bleiben und ging nach vielleicht zwei Minuten einfach von dieser Situation weg. Ich dankte den Leuten und sagte ihnen, dass für mich diese Geschichte damit abgeschlossen war und ich auf die Polizei verzichten konnte. Da Jeremias für meinen Geschmack etwas zu schnell wieder aufstehen konnte, auch wenn er vor Schmerzen sich weiter krümmte, konnte ich auch gehen, da ihm wohl die Lust auf eine Anzeige vergangen war und ich somit auch nicht als Zeugin irgendwie bleiben musste. Vermutlich war ihm aber nicht nur die Lust, sondern auch die Luft nach meinem Tritt vergangen… Ja, natürlich hätte ich auch vor Ort bleiben müssen, um das alles ordentlich klären zu lassen, aber gleichzeitig wollte ich aus der Situation weg, damit das Arschloch nicht noch wirklich ernsthaft auf die Idee kam, die Geschichte mit Marc auszupacken. Ich wollte vor allem, dass Marc einfach generell komplett aus der Geschichte draußen blieb.

Als ich zu Hause war, verschwand meine Wut auf Jeremias sehr schnell. Er hatte bekommen, was er verdiente. Umso stärker wurde wieder meine Trauer über den Hintergrund dieser ganzen Aktion. Ich weinte in meinem Zimmer. Ich wollte einfach nicht verstehen, dass Marc mich nicht mehr ertragen konnte. Es musste doch eine Lösung geben, nur wusste ich nicht, welche neben der Trennung noch bestand. Ich fand die Idee, die Beziehung von klein auf wieder neu aufzubauen und damit einen Neustart zu ermöglichen, echt gut. Aber Marc ließ einfach nicht mehr mit sich reden… Dadurch, dass er sich nun auch noch von mir weggesetzt hatte, ließ er mir erst recht keine Möglichkeit mehr. Ich wollte und konnte einfach nicht aufgeben, selbst wenn ich ihn in der Schule so gekonnt ignoriert hatte. Das galt auch gewissermaßen für die vielen Geschenke, die Marc mir gemacht hatte. Der Ring, der uns miteinander verband, war weiterhin an meinem Finger. Ich legte ihn ganz bewusst nicht ab, weil ich damit zeigen wollte, dass ich unsere Verbindung weiterhin aufrechterhalten wollte. Dass ich auch eben mit diesem Ring ausgeholt hatte, bekam dabei noch eine ganz eigene Symbolik.

Bisher hatte ich mit Mama nicht darüber gesprochen, warum sich Marc von mir getrennt hatte. Sie kannte nur die Version, dass wir uns einig darüber getrennt hatten. Ich wollte ihr die Wahrheit noch nicht erzählen. Warum genau, war mir selbst nicht klar, ich glaubte aber, dass ich ihr vor allem nicht die Wahrheit hinsichtlich meines Alkoholkonsums erzählen wollte…

Marc erzählt:

Am Donnerstag, wie auch am Freitag, lief die Schule wie immer, mit dem Unterschied, dass Janine mich endgültig in Ruhe ließ. Sie hatte verstanden, dass es nichts brachte. Ich musste endlich konsequent bleiben. Am Donnerstagnachmittag traf ich mich mit meinem Vater. Ich erzählte ihm alles, was passiert war. Er war – neben Tim, der das alles miterlebt hatte – der Einzige, der bis zu dem Zeitpunkt wirklich wusste, was passiert war.

Er war erstaunt, dass es so weit gekommen war, doch hatte er ein bisschen damit gerechnet, dass etwas Schlimmes bald passieren würde, wenn es so weiter ging. Er sollte Recht behalten, wie sich nun leider herausstellte. Auf meine Frage hin, was er denn an meiner Stelle gemacht hätte, wusste er keine Antwort. Im Prinzip kam ich da nach ihm, selbst wenn mein Entschluss nun wirklich fest war. Sein Ratschlag war letztlich folgender: „Warte einfach die Zukunft ab und schaue, was auf dich zukommt.“ Ich nickte.

Gleichzeitig legte er aber auch einen strengen Ton an den Tag, als er mich dafür hart kritisierte, wie ich ausgerastet war. Er sagte mir zwar ehrlich, dass ich seine ehrliche Sympathie dafür hatte, mich so heftig gewehrt zu haben, aber er fragte mich sinngemäß, ob ich denn wahnsinnig war und nicht über die Konsequenzen nachgedacht hatte. Ich fühlte mich wirklich sehr schlecht – noch viel schlechter, als wenn Tim mich so hart kritisierte. Er sah, wie kacke es mir ging und baute mich abschließend mit den Worten auf, dass ich von ihm wohl doch mehr Eigenschaften bekommen hatte, als ihm wohl manchmal lieb war…

Ich entspannte das Wochenende über und verabredete mich am Samstag mit Tim zum Billard. Wir fingen gerade an mit dem Spielen, als mein Handy klingelte. Ohne darüber nachzudenken, ging ich ans Telefon. „Ja?“ – „Marc?“ – „Ja, ich bin dran. Was ist, Janine?“ Ich dachte eigentlich, dass ich nun meine Ruhe vor ihr hatte. „Mensch… Wollen wir nicht einfach in Ruhe über das, was vorgefallen ist, reden? Nur du und ich? Heute oder morgen zum Beispiel? Ganz in Ruhe?“ – „Ich denke, die notwendigen Gespräche und Überlegungen zwischen uns sind geführt worden. Ich sehe keinen Bedarf, dass wir derzeit noch darüber reden müssten.“ – „Ich liebe dich doch!“ Ich blieb still, ich musste hart bleiben. „Gibt es denn sonst noch etwas, weswegen du angerufen hast?“ Tim schaute mich skeptisch und fragend an und er verunsicherte mich mit seinem Blick sehr. „Aber Bärchie… hey!“ – „Es scheint mir nicht so zu sein, daher wünsche ich dir noch ein schönes Wochenende. Ciao.“ – „Bitte!“ Ich legte auf. Sie ließ es einfach nicht sein.

Tim schaute mich weiterhin an, ohne ein Wort zu sagen. „Was hätte ich denn machen sollen? Jetzt, am Telefon, wäre ja wohl der blödeste Zeitpunkt dafür, zumal ich nun keine Zeit habe, weil wir verabredet sind.“ – „Ich hätte kein Problem, darauf Rücksicht zu nehmen und unser Treffen zu verschieben. Meinetwegen stehe ich auch als Zuhörer zur Verfügung, falls du mich bei einem Gespräch zwischen euch dabeihaben willst.“ – „Nein, es spielt auch keine Rolle. Ich habe mich entschieden. Das jetzt wieder rückgängig zu machen, würde alles nur noch viel schlimmer machen.“

Er fing mit dem Billardspiel an und sagte einige Momente später nach seinem Stoß: „Und du bist dir wirklich sicher, dass es das Richtige war?“ – „Mittlerweile fragt mich das jeder, dem ich das erzähle. Und du fragst mich das zum wievielten Male in den letzten Tagen?“ – „Na ja, weil… ihr einfach bisher immer zusammen wart und man euch eigentlich nur im Doppelpack kannte.“ – „Ja, die Zeit wird jetzt ein Ende haben. So kann es nicht mehr weitergehen.“ – „Hast du direkt wegen des Kusses Schluss gemacht? Wie gesagt, sie hat ihn ja wegge-“ Ich unterbrach ihn. „Na ja, es war der Auslöser, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Sie hat mich damit betrogen. Selbst wenn sie nicht mit diesem Vollidioten geschlafen hat, hat sie mich ja nun irgendwie betrogen.“ – „Also hast du auch wegen der schlechten Zeit davor Schluss gemacht.“ – „Ja, eigentlich schon. Ich kann ihr doch nicht mehr wirklich trauen. Ich wusste nicht, was da auf den Abenden wirklich passierte und auch nicht, dass Jeremias tatsächlich auf sie stand und sie ihn schon vorher einmal abwimmelte. So was ist einfach kein Vertrauen und in einer Beziehung ist Vertrauen nun der wichtigste Aspekt.“ – „Da hast du schon Recht, ja.“

„Aber tue mir bitte einen Gefallen und verhandele nicht mit mir, okay?“, bat ich ihn. Er meinte: „Keine Sorge. Janine hat abgesehen davon noch nicht mit mir geredet, selbst wenn ich damit rechne, dass sie es bald tun will. Also das heißt, dass ich dir nicht mehr erzählen soll, worüber sie gesprochen hat?“ – „Na ja, wenn du es willst, kannst du zumindest darüber plaudern, was sie dir so erzählt, ich bin ja neugierig. Aber wieder verkuppeln sollst du uns nicht.“ – „Okay.“ – „Schön, das ist ja soweit geklärt.“ – „Na ja, nicht ganz. Ist es denn in Ordnung, wenn ich Janine auch von dir erzähle?“ – „Ähm, solange es nichts wirklich Privates ist, kannst du ihr ruhig von mir erzählen, sofern es denn was geben sollte. Du weißt bestimmt, was für Sachen ich so meine.“ – „Na klar.“ Wir spielten weiter, ohne uns direkt über das Thema Janine und mich unterhalten zu haben. Im Endeffekt war ich erstaunt, dass wir nicht weiter darüber sprachen, weil ich eigentlich erwartete, dass Tim mich noch richtig zur Sau machen würde.

Ich bemerkte an diesem Wochenende erst einmal, wie befreiend es auch war, wenn ich das Wochenende ab sofort immer für mich ganz allein hatte. Ich war nicht mehr gebunden und konnte meine Zeit spontan so verbringen, wie ich es wollte. Dieses Gefühl kannte ich schon lange nicht mehr.

Als ich an diesem Abend zu Hause war, ging mir das Thema wieder nahe. Ich machte daher – Petra war arbeiten – spät abends draußen einen Spaziergang, ganz für mich allein. Mir kamen die Tränen, ich konnte sie nicht zurückhalten. Das Wetter spiegelte gewissermaßen auch meine Stimmung wider: Es war ungewöhnlich kühl und es regnete in Strömen. In meinem Innern kämpfte immer nur eine einzige Frage: War es richtig oder falsch, die Beziehung zu beenden?