Kapitel 49

Das erste Jahr

In der nächsten Woche bekamen wir nur am Freitag eine Übernachtung hin, weil wir unheimlich viel für die Schule zu erledigen hatten. Hinzu kam, dass Janines Nachhilfeschüler ihr deutlich mehr Zeit raubten. Janine hatte mir viele Monate lang eigentlich fast nichts von ihren Nachhilfeschülern erzählt, weil sie diese nicht regelmäßig hatte und eher nur auf Bedarf zur Verfügung stand. Sie sagte mir aber, dass sie aktuell regelmäßig von einem ihrer Schüler gebucht wurde, weil ihr Schüler im Unterricht massivere Schwierigkeiten hatte.

An diesem Freitagabend gingen wir ins Kino und liefen mit einem größeren Schlenker anschließend zu mir nach Hause. Ich nutzte diesen Spaziergang, um Janine ein wenig über ihre nächste Woche auszufragen: „Süße, wird das nächstes Wochenende wieder besser mit deinem Aufwand für die Schule und so? Dass wir vielleicht das ganze Wochenende miteinander verbringen können?“ – „Ich hoffe es. Die schlimmsten Sachen sind eigentlich erledigt. Aber wäre das ok, wenn wir den Donnerstag vielleicht wegfallen lassen, wenn wir uns das ganze Wochenende sehen?“ – „Ja, das hätte ich auch vorgeschlagen. Aber ein ganzes Wochenende wäre echt richtig toll.“ – „Aber… Du hast nicht zufällig irgendwas vor, wenn du schon so früh nach dem Wochenende fragst? Soll ich mir da also vielleicht ganz besonders viel Zeit freihalten?“ Ach Mist, sie war einfach zu aufmerksam, ich hatte mich schon wieder verraten… Ich blieb recht ernst und meinte möglichst souverän: „Nein, ehrlich gesagt nicht. Aber ich spüre einfach, wie gerne ich ganze Wochenenden mit dir zusammen habe und das liebe ich einfach so.“ – „Das liebe ich einfach auch, wenn wir entspannt morgens gemeinsam aufstehen können. Du weißt aber, warum ich das gefragt habe, oder?“ Ich blieb möglichst wieder ernst und tat so, als wusste ich nicht, wovon sie sprach: „Nein, keine Ahnung. Diese Woche war es einfach viel zu wenig, was wir uns gesehen haben, menno.“ Dabei wusste ich sehr wohl, worauf sie anspielte: Wir hatten am Montag unseren ersten Jahrestag und mein Geschenk für unseren Jahrestag sollte das gesamte kommende Wochenende beinhalten, weil ich für uns ein Wellness-Wochenende in einem Hotel gebucht hatte, welches mit dem Zug etwa anderthalb Stunden entfernt war. Der Zeitpunkt war mitten in der Schulzeit gelegen zwar nicht so optimal, da solch ein Wochenende in den Ferien natürlich noch viel entspannter gewesen wäre, aber jetzt war der Zeitpunkt immer noch besser als in einigen Wochen, weil die Klausurenphase bevorstand und wir über etliche Wochen nur noch am Lernen sein würden.

Das Wochenende verging vergleichsweise schnell, weil letztlich nicht nur Janine noch einiges für die Schule erarbeiten musste, auch ich musste ganz schön heranklotzen, um mit meinen Verpflichtungen hinterherzukommen.

Am Montag, dem 15. Februar, war unser Jahrestag. Als ich am Montagmorgen Janine vom Bus abholte, tat sie anfangs so, als wenn alles wie immer war. Nach wenigen Momenten meinte ich: „Ich habe da etwas für dich. Schließlich ist ja nun heute unser erster Jahrestag und ich finde, dass wir das auf unsere Art und Weise feiern sollten.“ – „Also hast du doch daran gedacht! Du hast mich am Freitag einfach angelogen!“ Wir schmunzelten und ich meinte: „Könnte vielleicht sein? Vielleicht wollte ich mir ja nicht einfach in die Karten schauen lassen?“ – „Ich habe dir das wirklich geglaubt, dass du unseren Jahrestag einfach vergessen hast! Du bist doof! Deswegen war ich am Freitag auch so geknickt, weil ich wirklich geglaubt habe, dass du das einfach verpeilt hast.“ – „Nein, Süße, ich wusste genau, welch toller Tag heute ist. Ich wollte nur nicht, dass du schon darauf kommst, was ich für dich als Geschenk habe.“ – „Lädst du mich auf ein Wochenende bei dir ein?“ Ich sagte nichts und schmunzelte zunächst, was Janine vermutlich als Bestätigung sah. Ich gab ihr einen Umschlag mit Schleife in die Hand. Sie schaute etwas ungläubig und ich sagte: „Lies es dir durch!“ In dem Umschlag hatte ich einen kleinen Brief sowie den Gutschein für das Wellness hineingelegt. Janine las als erstes meinen kleinen Brief:

„Mein liebster wichtigster Mensch im Leben,

da wir heute nun schon ein ganzes Jahr zusammen sind, möchte ich dich auf ein Verwöhn-Wochenende in der Pension „Bärchie“ einladen. Wünsche werden erfüllt, bis der Geldbeutel platzt. Damit der Gastgeber die Zeit hat, sich persönlich um seinen wichtigsten Gast zu kümmern, wird die Pension in ein Hotel verlegt, damit sowohl der Gastgeber als auch sein tollster Mensch ein schönes Wochenende genießen können. Die Limousine, die auch Bahn genannt wird, fährt zwei Stunden nach Schulschluss. Bitte trage dir den Termin in deinen Kalender ein und halte dir das Wochenende frei, vielen Dank.“

Anschließend folgte ein von mir selbst gezeichnetes Herz und ein „Ich liebe dich, Janine.“ mit einem Zwinkersmiley ganz unten auf dem Brief.

Sie grinste breit und küsste mich, es folgte eine feste und lange Umarmung. Sie sagte: „Natürlich nehme ich mir das ganze Wochenende Zeit.“ Nach einem weiteren Kuss steckte sie anschließend den Umschlag weg und wühlte ein wenig in ihrer Schultasche. Sie gab mir ein eingepacktes Geschenk, welches nicht all zu groß war. Ich war wirklich neugierig und öffnete in der U-Bahn vorsichtig das Paket. Ich fand ein Fotoalbum vor, in dem Janine alle möglichen Fotos, die sie und mich einzeln oder zusammen zeigten, eingeklebt hatte. Zu jedem Bild gab es auch immer einen liebevollen oder lustigen Kommentar und ich fand die Idee wirklich fantastisch. Nach einem langen Kuss blätterte ich ein wenig im Buch rum, als Janine meinte: „Hey, pack es lieber erst mal weg. Da sind auch Bilder bei, wo ich zum Beispiel allein bin und die sollen nicht gerade für die Öffentlichkeit sein.“ Ich schmunzelte und flüsterte leise: „Also darf ich es nicht Tim zeigen?“ – „Nein, mach es bitte nicht. Das ist zu intim.“ Wir schmunzelten und ich steckte das Album in meine Tasche. Ich freute mich aber wirklich auf die Bilder, zumal ich schon beim groben Durchblättern gesehen hatte, dass sie offenbar in einigen Situationen Bilder gemacht hatte, ohne, dass ich es bemerkte.

Als wir in der Schule ankamen, erzählte ich Tim zumindest, dass Janine und ich Jahrestag hatten, wozu er mir und später auch Janine gratulierte. Ich erwähnte nur grob, was wir uns gegenseitig geschenkt hatten, und er mochte die Idee, dass ich Janine auf ein Wellness-Wochenende eingeladen hatte. Als ich ihm verriet, wie viel mich dieser Trip kostete, pfiff er leise vor Überraschung und meinte: „Übernimmst du dich damit nicht ein bisschen?“ – „Na ja, ein bisschen musste ich schon an meine Vorräte gehen, aber ich denke, für den Jahrestag ist das doch total in Ordnung. Jetzt kommt ja lange Zeit nichts mehr, Janines Geburtstag kommt ja erst im September wieder. Und falls ich meinen Geburtstag feiern sollte, wird es mit meiner Feier sicher auch nicht all zu teuer.“ – „Das stimmt, einmalig geht so eine Ausgabe wirklich voll klar.“

Der Montag verlief insgesamt sehr schön, weil meine Süße anlässlich unseres Tages auch mit sich reden ließ, was das gemeinsame Zeit verbringen anging. Obwohl es eigentlich nicht geplant war, dass wir an den Schultagen dieser Woche miteinander Zeit verbringen wollten, kam Janine durch meinen langen Schultag über Nacht zu mir. Wir schauten uns ganz in Ruhe das Fotoalbum an, welches mir Janine geschenkt hatte. Viele der Bilder, die sie gemacht hatte, kannte ich gar nicht, weil ich in vielen Fällen überhaupt nicht mitbekam, dass sie uns fotografiert hatte. Janine sollte außerdem Recht behalten, was die Intimität auf den Fotos anbelangte. Es gab einige Fotos, die sie speziell für dieses Album gemacht hatte. Allerdings waren diese nur für meine Augen bestimmt. Sie war mehrfach in sehr erregenden Posen zu sehen und trug teilweise auch dazu die entsprechend schwarze, extrem knappe Kleidung – daher ein weiteres Geheimnis zwischen ihr und mir. Sie bot mir, indem sie mir in dem Album ein wenig Platz ließ, auch die Möglichkeit, die erregenden Fotos, die sie in der Gartenwoche gemacht hatte und die wir ausdrucken ließen, einzukleben. Diese Idee von ihr fand ich einfach nur toll und das machte ich ihr auch deutlich. Im Gegenzug kam ich mir mit meinem Geschenk schon fast lächerlich vor. Allerdings machte Janine deutlich, dass sie sich wirklich sehr darüber freute und ich mir diesbezüglich keine Gedanken machen musste. Sie freute sich vor allem, weil sie noch nie Wellness mitgemacht hatte und ganz besonders gespannt war, was da so passieren würde.

Die nächsten Schultage vergingen auch relativ schnell und als ich am Freitag aufstand, freute ich mich unheimlich auf das nahende Wochenende. Janine hatte, als wir an diesem Tag unseren Unterricht gemeinsam hatten, genauso gute Laune wie ich und wir machten aus, dass wir uns direkt am Bahnhof treffen würden. Ich musste die Zugfahrt leider an meinem Stundenplan ausrichten, da ich an diesem Tag wieder länger als Janine in der Schule war. Ich beeilte mich daher nach meinem Unterricht, nach Hause zu kommen und holte meinen Rucksack, den ich am Tag zuvor schon gepackt hatte. Besonders viel benötigte ich natürlich für das Wochenende nicht, aber mein Rucksack war dennoch ganz gut gefüllt. Petra drückte mich etwas überraschend, direkt, bevor ich losging. Wir sprachen zumindest ein paar Sätze und sie erzählte mir beiläufig, dass sie an diesem Wochenende ihren alten und neuen Freund Bernd sehen würde und auch das ganze Wochenende mit ihm Zeit verbringen wollte. Ich war darüber mehr als verwundert, weil ich ihre Erzählungen noch ziemlich gut in Erinnerung hatte, in denen Petra davon sprach, dass er sie wahrscheinlich nur als Lückenfüller verwendete und schon ein neues Flittchen hatte… Mir war es unverständlich, wieso sie bei diesem Kontext überhaupt noch Zeit mit ihm verbringen wollte, geschweige denn sich in einer Partnerschaft auf ihn erneut einließ, aber mir fehlte letztlich die Zeit, um sie weiter fragen zu können, da ich zum Bahnhof musste. War das alles vielleicht doch nicht so schlimm, wie sie es anfangs glaubte?

Als ich am Bahnhof zu Janine ging, die schon auf mich wartete, drückten und küssten wir so intensiv, als hätten wir uns wochenlang nicht gesehen. Ich spürte einfach, wie sehr sie sich auf unsere kleine gemeinsame Reise freute. Etwas später stiegen wir in den Zug und entspannten auf unseren Sitzen, als unsere Smartphones gleichzeitig klingelten und wir eine Nachricht erhielten. Als Janine auf mein Smartphone mit raufschaute, sahen wir, dass wir von Maximilian, einem Mitschüler aus einem unserer gemeinsamen Kurse und entsprechend aus unserem Jahrgang, eine Einladung zu seiner Geburtstagsfeier bekommen hatten. Er wollte wohl am kommenden Sonntagnachmittag und -abend eine Feier bei sich zu Hause machen und lud dafür einen Haufen Leute ein. Ich war von der Einladung ehrlich erstaunt, weil ich echt selten mit ihm bisher gesprochen hatte und den Eindruck hatte, dass wir eigentlich selbst in Ansätzen kein freundschaftliches Verhältnis zueinander entwickelt hatten. Janine freute sich zumindest sehr über die Einladung. Mich störte die Einladung aber gewissermaßen, da Janine und ich abgemacht hatten, das gesamte Wochenende miteinander zu verbringen. Unser Plan war also, dass Janine nach dem Wellnesshotel am Sonntag nur ihre Sachen nach Hause brachte und sie mit ihren Schulsachen zu mir über Nacht kam, weil wir für unseren Jahrestag eben das gesamte Wochenende nutzen wollten. Außerdem war sie ja von mir eingeladen worden, sodass wir selbst nach dem Hotel eben noch bei mir zu Hause Zeit für uns haben wollten.

Ich war also gerade schon dabei, die ersten Worte für eine Absage von Janine und mir zu schreiben, als sie zu mir sagte: „Ich fände es eigentlich ganz cool, wenn wir da am Sonntag hingehen. Das ist eine schöne Abwechslung zum Schulalltag sonst.“ – „Ich weiß nicht, wir haben ja gesagt, dass wir für uns Zeit haben wollen. Abgesehen davon finde ich es ziemlich bescheuert, zwei Tage vor der Feier die Einladung herumzuschicken. Warum feiert er eigentlich am Sonntag und nicht am Samstag? Da könnten die Gäste doch viel länger abends bleiben, am Sonntag werden doch bestimmt viele vorzeitig gehen, weil am Montag ja wieder Schule ansteht.“ – „Na ja, vermutlich kann er aus irgendeinem Grund am Samstag nicht. Aber ich finde es nett, dass er uns überhaupt eingeladen hat, damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet.“ – „Vor allem, wie sollen wir jetzt noch ein Geschenk für ihn kaufen? Erstens kennen wir ihn praktisch kaum und zweitens sind wir ja vor allem im Hotel, da haben wir gar keine richtige Chance, in eine größere Stadt zum Einkaufen zu fahren, zumal die Tickets auch wieder einiges an Geld kosten würden.“ – „Schau, Schatz.“ Sie zeigte mir, dass er in der Nachricht schrieb, dass er nichts zum Geburtstag geschenkt haben wollte, weil seine Einladung eben spontan war und er sich viel mehr darüber freuen würde, wenn er eine tolle Feier mit vielen Gästen hinbekommen sollte. Ich hatte das tatsächlich überlesen, weil ich relativ schnell eine ablehnende Haltung eingenommen hatte.

Mich ärgerte ehrlich gesagt, dass er die Feier auf den Sonntag gelegt hatte, weil ich mich damit gar nicht hätte weiter beschäftigen müssen, wenn die Feier am Samstag gewesen wäre, da wir mit Sicherheit nicht unseren Miniurlaub vorher abgebrochen hätten, um zu der Feier zu fahren. Ich war zumindest froh, dass ich für den Sonntagnachmittag oder -abend kein Restaurant oder irgendeine andere Veranstaltung gebucht hatte, da ich nicht eingesehen hätte, die gebuchte Veranstaltung abzusagen, um zur Feier gehen zu können.

Janine versuchte mich einige Minuten lang zu überreden, wenigstens für zwei oder drei Stunden zu der Feier zu gehen, während ich weiterhin überhaupt nicht überzeugt war. Ich hatte vor allem auch Sorgen wegen Janines Umgang mit dem Alkohol in den letzten Monaten, was definitiv mehr als nur eine Falte auf meiner Stirn verursachte. Letztlich gab ich zähneknirschend nach, weil sie sich von mir wünschte, dass wir im Sinne unseres Jahrestags auf diese Feier gingen, damit wir zusätzlich zu unserem Wellness-Kurzurlaub eine weitere besondere Sache gemeinsam erlebten. Ich nagelte sie zumindest auf das Versprechen fest, dass wir maximal zwischen zwei und drei Stunden auf der Feier blieben, unabhängig davon, wie gut sie uns womöglich gefiel. Mit diesem Kompromiss konnte ich gerade noch irgendwie leben.

Das Wellnesshotel war nicht weit von unserem Zielbahnhof entfernt und wir wurden direkt von Beginn an ziemlich verwöhnt. Ich war diese Gastfreundlichkeit gar nicht gewohnt und ich sah Janine auch in ihren Augen an, dass sie von dem ganzen Drumherum wirklich angetan war. Vor allem, als sie unser recht großes Zimmer mit Bad und eigenem Whirlpool sah, strahlte sie so sehr wie selten zuvor. Eine halbe Stunde nach unserer Ankunft im Hotel nahmen wir direkt an einer langen, intensiven Rückenmassage teil. Wir hatten zwar in den ersten Minuten mit richtigen Schmerzen zu kämpfen, weil wir solch eine Massage bisher nicht gewohnt waren, aber danach konnte ich zumindest mit Fug und Recht behaupten, einen wirklich entspannten Rücken und Nacken zu besitzen. Janine sah nach der Massage regelrecht ein bisschen mitgenommen aus, aber sie bestätigte mir auch, dass sie diese Massage wirklich sehr genoss. Etwas später im Laufe des Abends bekam Janine noch eine Gesichtspflege, bei der sie ebenfalls gut herunterfahren konnte. Ich hatte phasenweise das Gefühl, dass sie dabei eingeschlafen war, aber sie sagte mir später, dass sie die ganze Zeit dabei wach war. Während ihrer Gesichtsbehandlung machte ich es mir auf den Liegen im Raum gemütlich und entspannte wirklich gut.

Später bekamen wir ein Abendessen auf unser Zimmer und während wir im Kerzenschein saßen, fragte Janine: „Schatz, sei ehrlich, wie viel hast du für das alles hier bezahlt?“ So sehr sie sich auch freute und so entspannt sie auch war, sah ich ihr im Gesicht trotzdem an, dass sie ein unheimlich schlechtes Gewissen hatte. „Du weißt doch, über den Preis von Geschenken spricht man nicht.“ – „Aber ich möchte auch nicht, dass du nach einem solchen Wochenende völlig pleite bist. Du solltest dein Geld auch möglichst sparen, damit du für später ein paar Rücklagen hast. Und schau, wenn wir wirklich in wenigen Jahren zusammenziehen wollen, brauchst du doch Geld für Möbel und so.“ – „Nein, Süße.“ – „Wie?“ – „Ich brauche zumindest keine großen Rücklagen für Möbel. Unser ganzer Keller ist mit Möbeln voll, die ich von Petra und meiner Oma bekommen habe und du darfst nicht vergessen, dass mir der Großteil meiner Wohnungseinrichtung gehört. Ich habe also wahrscheinlich so viel, dass ich locker zwei Wohnungen damit voll bekommen würde. Zumindest muss ich mir daher keine Sorgen um Möbel machen, aber du hast schon Recht, dass ich für sonstige Sachen Geld zurückgelegt haben sollte. Die Kaution für eine Wohnung wird finanziell bestimmt ganz schön reinhauen.“ – – „Aber meinst du, dass dir die Möbel noch gefallen, wenn es soweit ist?“ – „Ich hoffe es. Falls nicht, verkaufen wir die halt, hat Petra selbst auch schon gesagt.“ – „Klingt doch vernünftig. Aber siehst du, das sage ich ja: Kann ich dir ein paar Euro zu diesem tollen Wochenende dazugeben? Ich fühle mich allein nach heute schon so richtig schlecht, weil du so viel Geld ausgegeben hast.“ – „Nein, das brauchst du nicht. Ich habe einfach Glück gehabt mit einem guten Angebot, das immer wieder im Netz ist. Dadurch habe ich locker 100 Euro gespart.“ Sie schaute zweifelnd und ich sagte: „Hey, genieß einfach unser tolles Wochenende zu zweit. Schau, du darfst ja nicht vergessen, ich profitiere ja auch von allen Dingen, die es hier so gibt. Wenn ich den Preis auf uns beziehe, ist das pro Person gar nicht mehr so viel.“ – „Wie viel war es denn?“ Ich grinste sie an, beugte mich vorsichtig über den Tisch und gab ihr einen vorsichtigen, liebevollen Kuss. „Guten Appetit. Lass uns mit dem Essen anfangen und jetzt nicht über Geld reden. Ich möchte gerade viel mehr genießen, dass du so richtig sexy bist und ich jetzt schon wirklich Lust habe, mit dir zu schlafen.“ Sie bekam große Augen und sagte: „So ehrlich und direkt höre ich das nur ganz selten von dir.“ – „Das stimmt. Ich spreche das nicht unbedingt immer aus, ich versuche es dir eher meist zu zeigen, was ich gerade fühle.“ – „Damit hast du auch Recht.“ Das Essen war wirklich vorzüglich und nicht im Preis inbegriffen, auch wenn ich das Janine nicht ehrlich sagen wollte. In meinem gebuchten Angebot war zwar Verpflegung schon mit drin, aber ich nahm einen Aufpreis in Kauf, um richtig hochwertiges Essen zu bekommen. Ich wollte einfach, dass dieses gesamte Wochenende ein großartiges Erlebnis wurde.

Direkt nach unserem Essen und dem Zimmerservice, dem ich zum Abräumen Bescheid gab, küsste mich Janine leidenschaftlich, während wir auf unserem sehr bequemen Doppelbett saßen. Ich zog sie während unseres Kusses vorsichtig in unser Bad und schlug ihr den Whirlpool vor. Ich dachte vor allem: Wenn man schon die Gelegenheit hatte, einen Whirlpool ganz allein für sich zu haben, sollte man diese Chance auch ausgiebig nutzen. Ich fand es vor allem in meinen Gedanken richtig spannend, mit Janine im Whirlpool zu sein und ihr dort näherzukommen. Mein Plan war nicht, mit ihr im Whirlpool zu schlafen, aber als Vorspiel stellte ich mir das richtig gut vor. Janine fand die Idee auch faszinierend und als wir badeten, überkam uns die Leidenschaft sehr schnell und wir schliefen einfach im Whirlpool miteinander. Es war schon etwas unbequem und der Platz fehlte ein bisschen auch – vermutlich war es der gewisse Kick, der uns noch etwas mehr anmachte. Janine sagte mir, als wir später unter unserer warmen Decke lagen: „Ich bin heute definitiv mehr als nur ein Mal gekommen… Ich konnte das schon gar nicht mehr zählen.“ Ich schmunzelte und meinte: „Wow.“ – „Ja… Heute war das richtig krass. Mich hat das heute alles so umgehauen. Ich glaube, durch die ganzen Sachen hier konnte ich mich wirklich so richtig gut fallen lassen. Ich bin richtig tiefenentspannt. Mir schwirrte nichts im Kopf umher, ich konnte alles abschalten, und ich glaube, dass du den Whirlpool so spontan angeschaltet hast, hat es nur noch besser gemacht. Ich hatte eigentlich Sorge, dass mich das ablenken würde, aber irgendwie wurde der Sex dadurch noch geiler.“ – „Ich bin gerade fasziniert davon, wie viel ich heute über dich rausfinden konnte.“ – „Na ja, ich habe das ja auch über mich herausgefunden, ich wusste das ja auch nicht.“ – „Ich freue mich total, dass mein Plan so gut aufgeht.“ – „Du bist klasse.“ Wir küssten uns einige Zeit und ich bemerkte, dass ich wieder große Lust auf sie bekam, obwohl ich eigentlich schon etwas müde war. Mein Penis war ziemlich schnell steif und auch meine Süße genoss meine spürbare Erregung, während wir so eng aneinander gekuschelt waren. „Na? Soll ich den Whirlpool wieder anschalten?“ – „Haha, nein, besser nicht. Das hören doch bestimmt alle Nachbarn, wenn wir da jetzt noch Wasser einlassen würden.“ – „Na und? Es kann uns keiner verbieten, am Abend den Whirlpool zu verwenden.“ Sie kicherte und ich ergänzte: „Abgesehen davon glaube ich nicht, dass die Lautstärke des Whirlpools das Problem sein könnte…“ Sie griff daraufhin ohne Vorwarnung meinen Penis, erregte diesen für unendlich lang anfühlende Sekunden und stoppte ihre Berührungen und Bewegungen sofort. „Uff, das war richtig mies.“ – „Genau wie dein Kommentar, dass ich vorhin beim Sex laut gewesen sein soll.“ – „Ich würde sagen, wir sind quitt.“ Es folgte ein längeres Lachen von uns und ich sagte: „Nein, ich würde den Whirlpool nicht wieder anmachen.“ Ich legte mich unter der Decke einfach auf sie rauf und es führte direkt zu einem leidenschaftlichen Schmusen, bei dem wir unseren Kopf erneut sehr schnell ausschalteten. Auch der daraus folgende Sex war umwerfend gut und Janines Lautstärke war erneut mehrfach wirklich hoch, aber mir war das einfach in diesen Momenten so was von egal. Wenn wir bei mir oder ihr zu Hause waren, bremsten wir uns gegenseitig sehr schnell mit unserer Lautstärke, aber an diesem Abend in diesem Hotel fühlten wir uns scheinbar absolut ungebunden und uneingeschränkt, was ich wirklich toll und spannend zugleich fand. Zumindest hatten wir das Gefühl, dass irgendein Nachbar in einem der angrenzenden Zimmer gegen unsere Wand hämmerte, weil unsere Lautstärke vermutlich zu hoch war. Interessanterweise passierte dies aber erst einige Minuten nach unserem Sex, sodass wir nicht sicher waren, ob die Geräusche an den Wänden wirklich geplant oder eher zufällig waren.

Am nächsten Vormittag wachte ich vor Janine auf. Das Schöne an diesem Hotel war, dass man vom Zimmerservice nicht genervt wurde und man einfach in Ruhe in seinem eigenen Tempo und Rhythmus den Tag genießen durfte. Da in meinem Angebot auch ein Frühstück mitinbegriffen war und ich am Tag zuvor bereits dafür gesorgt hatte, dass das Frühstück vor unserer Zimmertür morgens abgestellt werden würde, öffnete ich in einem ruhigen Moment auf dem Flur draußen kurz die Tür und nahm ein großes Tablett mit einem Frühstücksbuffet ins Zimmer. Ich weckte Janine – es war mittlerweile zehn Uhr – und hielt ihr das Körbchen mit den Brötchen in die Nähe ihrer Nase.

„Du weißt echt, wie man mich vom Schlaf abhalten kann.“ Sie grinste dabei und ich fragte sie: „Wie meinst du das?“ Mit noch geschlossenen Augen entgegnete sie mir: „Na ja, du schaffst es, mich wach zu bekommen und wach zu halten, indem du mir was zum Essen vor die Nase hältst, hehe.“ – „Weißt du, du musst dich ja gar nicht mal so sehr bewegen. Ich krieche jetzt einfach zu dir unter die Decke und dann hättest du ja eigentlich genug Sachen zum Naschen, oder?“ Mir gefiel in dem Moment einfach meine zweideutige Idee so gut, dass ich sie wirklich aussprechen musste. Ich wurde zwar im Laufe der Beziehung absolut locker, aber trotzdem war ich nicht so oft derjenige, der solche Sprüche zu Tage brachte. Sie hatte mir den Ball einfach so gut zugespielt, dass ich diesen Spruch raushauen musste.

Janine öffnete schlagartig die Augen, schaute mich an und lachte laut. Sie steckte mich damit an und ich meinte: „Na ja, ist doch so, oder nicht?“ Mit einem Grinsen antwortete sie mir: „Ja, das kann ich nicht abstreiten. Was sagst du, wenn ich irgendwie auf beides Appetit hätte?“ Ich lachte wieder und meinte: „Na ja, das musst du wissen. Eines gleichzeitig geht nur – erst die Vorspeise, danach der Nachtisch in Form meiner Gestalt… oder erst der Nachtisch und dann die eigentliche Vorspeise.“ – „Hm, beides ist so verlockend.“ Wir grinsten und ich meinte: „Ich würde den Vorschlag machen, dass wir uns erst die Vorspeise zu Gemüte führen, und danach kommt die zuckersüße Nachspeise.“ Ich schaute auffällig in Richtung Badezimmer. „Ich glaube, das machen wir so, ja. Whirlpool?“ Wir grinsten weiter und ich ging unter unserer Decke nah zu ihr. Wir machten es uns an der Wand mit den Kissen gemütlich und stützten das große Tablett mit dem Frühstück. Unser Frühstück war romantisch schön.

Wir verbrachten so eine ganze Weile, küssten uns so manches Mal und als wir nichts mehr essen wollten, stand ich auf und stellte das Brett auf unseren Tisch. Der Blick, den Janine und ich in dem Moment austauschten, sprach eigentlich Bände. Sie schaute sehr verführerisch und machte eine deutliche, einladende Geste, auf die ich natürlich ansprang. Zur Freude Janines ließ ich mir aber dieses Mal etwas Besonderes einfallen: Ich legte für sie einen Striptease hin, mit dem ich sie zum Badezimmer lockte. Mir fiel es nicht sonderlich schwer, was allerdings fehlte, war ein bisschen Musik… Aber es ließ sich verschmerzen. Der Mittag gefiel uns erstklassig und ich stellte erneut fest, wie intensiv Janine zum Orgasmus kam, als wir im Whirlpool erneut miteinander schliefen. Ich war fasziniert und verwundert zugleich, weil ich mir nicht erklären konnte, weswegen dieser Ort solch eine Wirkung auf Janine und mich hatte. Meine größte Vermutung war auch weiterhin, dass unser Sex vor allem deswegen so gut war, weil wir in einer völlig anderen Umgebung waren und uns einfach wirklich entspannen konnten.

Den restlichen Tag über nahmen wir verschiedene Wellness-Angebote wahr und genossen einfach die gemeinsame Zeit und die Abwechslung, die uns geboten wurde. Obwohl wir uns am späten Abend wieder nahekamen und uns knutschten, schliefen wir nicht miteinander, weil wir einfach feststellen mussten, dass wir dafür zu müde waren… Diese Erkenntnis kam auch wirklich von uns beiden aus, weil das ganze Wochenende einfach schon so sehr intensiv war.

Am nächsten recht frühen Morgen aßen wir noch gemütlich das tolle Frühstück einfach direkt im Bett. Obwohl wir eigentlich nur kurz duschen gehen wollten, machte Janine einfach den Whirlpool an… Einige Zeit, nachdem wir unsere Sexualität erneut intensiv ausgelebt hatten und Janine mit einem Kichern feststellte, dass sie nach kurzer Zeit einfach nicht mehr konnte, weil wir in den letzten Tagen schon wirklich oft miteinander geschlafen hatten, packten wir unsere letzten Sachen zusammen und gingen zum Empfang. Ich hatte noch vergeblich versucht, Janine abzulenken, damit sie den Aufpreis für das Essen nicht mitbekam, aber sie schaffte es sogar, mir nach dem Bezahlen die gedruckte Rechnung zu stibitzen, die sie sich nach dem Verlassen des Hotels sehr genau anschaute. Nach einigen Sekunden polterte sie plötzlich recht laut los: „Bärchie!“ Ich ahnte, was jetzt folgen sollte. Ein bisschen schuldbewusst schaute ich zu ihr und sie meinte: „So viel hast du für das Wochenende ausgegeben?!“ Ich wusste tatsächlich nicht, was ich sagen sollte, sie hatte es ja schwarz auf weiß in ihren Händen. Flunkern war nicht möglich. „Man, das ist so viel Geld… Marc, ernsthaft, das kannst du doch nicht einfach machen?“ Oh, sie sprach mich mit meinem Namen an, sie wurde eindringlicher. Ich fühlte mich zwar wirklich ein wenig schlecht, aber gleichzeitig war ich auch selbstbewusst: „Doch, das kann ich. Es ist unser Jahrestag, der ist besonders und dafür gebe ich viel Geld aus. Das ist völlig egal. Du bist mir wichtig und wir beide sind wichtig, alles andere interessiert mich nicht.“ – „Aber du hast ja sogar extra Geld für das gute Essen ausgegeben!“ – „Ja, und?“ Auf meine leicht patzige Antwort wusste sogar Janine nicht, was sie sagen sollte. Ich ergänzte nach wenigen Momenten: „Ich bekomme ja wirklich viel Geld von Petra und bin ja sonst relativ sparsam, selbst wenn ich dich öfters einlade. Also ist doch alles gut, Süße.“ Sie kam mir näher und wirkte direkt viel liebevoller. „Sorry, das war doof, dich jetzt hier so anzupflaumen.“ – „Ist doch alles gut.“ Sie gab mir einen Kuss und meinte: „Ich war einfach erschrocken, als ich gerade gesehen habe, wie viel du wirklich gezahlt hast.“ – „Ja, es ist wirklich schon teuer, aber das machen wir ja nicht jede Woche.“ Janine schaute mir tief in die Augen und sagte: „Danke. Das Wochenende war einfach nur toll.“ Es folgte ein weiterer längerer Kuss und Janine steckte mir die Rechnung in meine Jackentasche. „So was möchte ich mit dir gerne wieder erleben.“ – „Ja, auf jeden Fall. Das werde ich definitiv nie wieder vergessen.“

Als wir im Zug in Richtung unserer Heimat saßen, fiel Janine leider wieder ein, dass die Geburtstagsfeier von Maximilian noch vor der Tür stand. Ich hatte auch schon daran gedacht, aber ich hätte die Feier einfach absichtlich „vergessen“ und Janine nicht noch daran erinnert, weil ich einfach jede Stunde mit ihr gemeinsam von diesem Wochenende noch nutzen wollte. Wir fuhren nach unserer Zugfahrt wie geplant kurz bei ihr heran, holten ihre Übernachtungs- und Schulsachen und kamen bei mir zu Hause an. Petra schrieb mir nur kurz eine Nachricht aus ihrer Schicht heraus, ob ich mittlerweile heil zu Hause war, was ich ihr bestätigte, weil wir den Samstag über nicht miteinander kommuniziert hatten. Bei mir zu Hause entspannten Janine und ich zumindest etwas über eine Stunde, bis sich Janine für die Geburtstagsfeier stylen wollte.

Anhand meines leisen Grummelns bemerkte sie natürlich wieder, dass ich kein Interesse an dieser Feier hatte. Sie sagte: „Ach, ich weiß doch, dass du dich das gesamte Wochenende um mich kümmern wolltest. Du hast das doch alles extra organisiert, dass wir unter uns sein können. Mach dir doch nicht ein Kopf, das ist wirklich nicht schlimm, wenn wir heute zumindest für zwei oder drei Stunden dahin gehen.“ Ich antwortete: „Na ja, weißt du, wir kennen Maximilian doch gar nicht so wirklich und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich gar kein Interesse an ihm habe, also auch kein Interesse, was eine Freundschaft angeht. Ich verstehe sowieso noch immer nicht, wieso er uns gerade jetzt eingeladen hat… zwei Tage vorher.“ – „Na ja, er wird das verpeilt haben, das passiert halt. Da wir jetzt einfach die Zeit haben, können wir doch hingehen.“ – „Eigentlich haben wir ja keine Zeit, wenn man es so nimmt. Ich habe dich zu mir eingeladen und wir sind quasi miteinander… verabredet.“ Ich grinste.

Sie lächelte und meinte: „Wenn du mir einen Wunsch erfüllen willst, dann den, dass wir heute da vorbeischauen und ein bisschen dableiben. Ich will ja nicht, dass wir bis zur letzten Minute dableiben, das geht ja schon durch die Schule morgen nicht, aber ein bisschen sollten wir schon hingehen, vor allem auch aus Höflichkeit.“ – „Na gut, wenn du meinst.“ Ich war nicht zufrieden und musste mich damit geschlagen geben. Was Janine nun in dem Moment nicht wusste, war, dass mir noch zwei ganz andere Dinge im Kopf umherschwirrten. Die erste Sache betraf mich selbst. Ich fühlte mich einfach absolut unwohl, wenn ich auf größeren Feiern war, bei dem ich einen großen Teil der Gäste nicht kannte. Es fiel mir zwar nicht sonderlich schwer, mit anderen Gästen ins Gespräch zu kommen, aber ein bisschen Unwohlsein vor dem Unbekannten war in mir immer vorhanden. Die zweite Sache, und das war nun ein großes Konfliktthema, betraf den Alkohol. Ich wollte eigentlich nicht in solch eine Situation gelangen, in der ich Janine wirklich vorschreiben wollte und musste, nichts zu trinken, da sie sonst Unberechenbares tat und von sich gab. Ich fühlte mich auch nicht wirklich wohl bei dem Gedanken, ihr dies vorzuschreiben, aber letztlich blieb mir keine andere Wahl.

Als Janine fertig gestylt aus dem Bad kam, sagte ich zu ihr: „Du… kannst dir vielleicht denken, auf was ich dich hinweisen will.“ – „Ähm, nein?“ – „Es geht um den größten Streitpunkt, den wir in letzter Zeit hatten.“ – „Nicht schon wieder das Thema Alkohol!“ – „Ich will dich nur an dein Versprechen erinnern… Du hast mir versprochen, wenn ich dabei bin, nichts zu trinken.“ – „Ich weiß, was ich versprochen habe.“ – „Hey, ich will nicht, dass wir uns deswegen wieder streiten. Es war einfach nur eine lieb gemeinte Erinnerung von mir, weil ich nicht will, dass es wieder so doof endet wie beim Tims Feier.“ – „Ich habe dich schon verstanden, Marc.“ Ich war erstaunt, wie distanziert und schon fast arrogant sie in diesem kleinen Gespräch mit mir sprach.

Ich machte mich nach ihr auch kurz frisch und wir fuhren auch schon los. Da wir den Ort der Feier nicht sofort fanden und uns ein wenig verliefen, kamen wir mit zehn Minuten Verspätung an, was Janine natürlich peinlich war, ich allerdings gekonnt herunterspielte, weil ich einfach gegenüber Maximilian erwähnte, dass der Veranstaltungsort – die Wohnung von irgendeinem Freund Maximilians – für Leute, die den Weg nicht kannten, ganz schön versteckt gewesen war. Er stimmte dem zu und wir befanden uns in einer großen Wohnung, bei der wir überall verteilt Gäste fanden. Ich fand das als ziemlich großen Mist, dass es nicht einen einzigen Raum gab, in dem sich primär alle Gäste befanden. So wussten Janine und ich anfangs gar nicht, wo wir hingehen sollten, da weder sie noch ich jemand von der Feier zu dem Zeitpunkt kannte. Erst durch Zufall stellten wir fest, dass auch Tim bei der Feier war. Ich war froh, weil Tim für mich eine moralische Unterstützung war. Außer Tim kannten Janine und ich tatsächlich keinen und ich fand es verwunderlich, was wir da auf dieser Feier zu suchen hatten.

Eine Weile verging, bis wir alle im großen Wohnzimmer dieser Wohnung zusammengetrommelt wurden. Die eigentlichen Festlichkeiten sollten nach knapp über einer Stunde stattfinden. Ich war wegen dieser Wartezeit schon alles andere als erfreut. Zudem musste ich feststellen, dass es bei dem Großteil primär um mein Konfliktthema Nummer eins ging – Alkohol. Viele betranken sich, hatten Spaß dabei und sahen, wie sich manche der Gäste im noch leicht angetrunkenen Zustand lächerlich machten, indem diese die Partyspiele so vergeigten, dass es mir definitiv schon peinlich gewesen wäre. Janine bemerkte auch schnell, dass ich extrem genervt von der Feier war. Ich zeigte es nicht, war weiterhin höflich und für die Außenstehenden gut gelaunt, aber meine Süße kannte mich so gut, dass sie bemerkte, wenn mir etwas überhaupt nicht passte.

Es waren knapp zweieinhalb Stunden vergangen, als ich Janine signalisierte, dass ich es toll fände, wenn wir jetzt langsam gehen würden. Der Alkoholpegel in diesem Raum ging im Durchschnitt sicher auf ein Promille zu, sodass meine Geduld und meine Rücksicht langsam – auch wegen Janine – am Ende waren. Sie trank zwar nichts, dafür war ich wirklich dankbar, aber noch länger wollte ich das nicht ertragen müssen. Janine bat mich lieb darum, dass wir vielleicht noch eine Stunde bleiben könnten. Dem stimmte ich zu, weil ich ihr auch entgegenkommen wollte. Allerdings machte ich ihr auch klar, dass endgültig für uns Schluss sein sollte, weil viele sich schon nicht mehr so richtig unter Kontrolle hatten, was zwar ganz witzig aussah, aber letztlich nur schockierte und abschreckte. Ich bemerkte auch, dass es ein paar Leute gab, die sich für Janine interessierten. Glücklicherweise machten sie und ich durchgehend deutlich, dass wir zusammen waren – Händchen halten, Küsse, Berührungen -, aber dennoch ließen ein paar junge Männer und eine junge Frau nicht ab von Janine, was mir nun alles andere als passte. Ich blieb höflich und tat – auch wegen Janine – minimal auf interessiert, wer diese Leute denn waren, aber im Innern bildete sich bei mir eine Ablehnung, da diese Gruppe ebenfalls keinen Halt vor Alkohol machte und ich die Befürchtung hatte, dass Janine sich vielleicht mitreißen ließ. Ich konnte natürlich nicht sagen, ob jemand aus dieser Gruppe nicht vielleicht doch mehr Interesse an Janine hatte – sie sah schließlich nicht schlecht aus und es war nicht das erste Mal, dass sich andere Personen für sie interessierten.

Die fünf stellten sich uns vor und wirklich in Erinnerung blieb mir nur Jeremias, der an diesem Tag für mich irgendwie der Auffälligste war. Sie gingen wohl alle in eine Klasse und waren auf einer Sekundarschule mit der Möglichkeit, dort Abitur abzulegen. Die Schule lag glücklicherweise in einem anderen Bezirk, in diesem wohnten wohl auch alle fünf. Was sie uns erzählten – es war auch deutlich zu bemerken -, war die Tatsache, dass alle fünf oft miteinander rumhingen. Öfters war auch noch Maximilian, das Geburtstagskind, dabei, was die Gruppe vervollständigte. Maximilian erzählte, dass er die anderen fünf kennenlernte, da sie früher in der gleichen Grundschulklasse waren.

Diese vielen Gedanken und Sorgen gingen mir durch den Kopf und ich schaute innerhalb der letzten Stunde oft auf die Uhr, um zu sehen, wann wir endlich losgehen konnten. Als der Moment endlich gekommen war, sagte ich dies Janine und sie bat mich nochmals, ob wir denn nicht noch ein bisschen bleiben konnten. Sie verstand sich auf Anhieb so gut mit den Leuten, dass sie noch gerne mit diesen weitergesprochen hätte. Ich allerdings blieb dieses Mal standhaft und machte Janine klar, dass das so nicht abgemacht war und wir schon länger blieben, als ich es eigentlich gewollt hatte. Mit einem Grummeln stimmte sie meiner Aussage zu und verabschiedete sich von den fünf Gästen, aber nicht ohne die Handynummern mit allen auszutauschen. Mir gefiel das überhaupt nicht, dass Janine sich auf diese Chaoten einlassen wollte. Jeremias meinte zum Abschluss zu Janine: „Man sieht sich doch bestimmt wieder, oder?“ Sie nickte darauf, was ich schon fast erwartet hatte. Da ich keinerlei Anstalten machte, mein Smartphone zu zücken, fragte mich einer der jungen Männer, ob ich denn keines hätte, darauf entgegnete ich ein wenig angesäuert: „Doch, aber ich brauche eure Nummern nicht.“ Was er in diesem Moment wohl dachte, ging mir ziemlich am Hintern vorbei, ich war mir zumindest sicher, dass er es den anderen garantiert auch erzählte. Nachdem alle fünf mit Janine die Nummern ausgetauscht hatten, gingen wir. Ich verabschiedete mich nicht von der Gruppe, nur allgemein mit einem Winken von der gesamten Gesellschaft, weil ich diesbezüglich zumindest halbwegs höflich sein wollte. Maximilian brachte uns noch zur Tür und fragte uns, was wir von der Feier hielten. Ich sagte halbwegs ehrlich: „Sie war ganz gut, danke für die Einladung.“ Er bedankte sich für unser Kommen und Janine und ich traten hinaus in die richtig kalte Luft.

Wir schlenderten den Weg zur Bushaltestelle entlang und Janine sagte: „Boah, die fünf finde ich ziemlich cool. Das, was die so erzählt haben… Die sind echt locker drauf und ich glaube, eine Freundschaft mit denen könnte interessant werden, oder?“ Mir wurde klar: Janine hatte keine Ahnung, was ich von den Chaoten hielt, was mich wirklich etwas überraschte. Ich blieb still, weil ich nicht wirklich wusste, was ich Janine darauf entgegnen sollte. Nach einigen Sekunden fragte sie mich: „Bärchie, was ist denn los?“ – „Ich glaube, du willst nicht wirklich wissen, was ich über diese… Leute denke.“ – „Magst du die nicht?“ – „So ist es.“

Es herrschte darauf eine Weile lang Stille – wir gingen weiter – und Janine fragte mich ziemlich leise: „Ist es vielleicht wegen des Alkohols, dass du sie nicht magst?“ – „Na ja, ich mag einfach ihre gesamte Mentalität nicht. So extrem entspannt, als hätten sie keine Verpflichtungen. Ich finde einfach nur, dass es nicht unbedingt der richtige Umgang für uns und für dich ist.“ – „Bist du jetzt mein Vater, oder was?“ – „Schwachsinn, ich habe einfach nur Angst, dass du dir vielleicht so manches von denen abguckst, wenn du verstehst, was ich meine. Außerdem habe ich das Gefühl, dass einer der Jungs vielleicht scharf auf dich ist.“ – „Bist du jetzt etwa auch noch eifersüchtig?“ – „Nein, aber man bemerkt so was meist schnell, und bei diesem Je… wie hieß er?“ – „Jeremias.“ – „Bei diesem Jeremias ist mir das sehr aufgefallen, bei den anderen eigentlich nicht.“ – „Ach, das glaube ich nicht.“ – „Na ja, ich sag nur, es ist mir aufgefallen. Ich kann mich auch irren.“ – „Und was machen wir jetzt?“ – „Ich weiß nicht. Du hast ja die Nummern von denen, ich wollte die ja nicht haben.“ – „Ach so? Ich dachte, du hättest dir sie auch geben lassen.“ – „Ne, was soll ich denn damit? Ich habe kein Interesse. Das sind für mich nur Personen, die ich einmal und nie wieder sehe. So würde sich das auch zwangsläufig ergeben, wenn wir den Kontakt nicht weiterverfolgen würden.“ – „Aber ich würde ehrlich gesagt gerne den Kontakt halten!“ – „Es verbietet dir keiner und ich sowieso nicht, vor allem auch, weil ich das gar nicht kann und gar kein Recht dazu habe.“ – „Aber… Wenn ich mich mit denen treffen sollte, kommst du mit?“ – „Ich weiß nicht, aber ich werde die ersten Male wohl mitkommen, weil ich sehen will, ob die immer so… drauf sind.“ – „Das ist lieb von dir. Du wirst sehen, die sind bestimmt nicht so, wie sie heute auf dich gewirkt haben.“ Janine war ziemlich naiv. Im Innern passte es mir nicht, dass wir so lange geblieben waren, weil ich meine Zeit mit Janine nutzen wollte. Wir konnten uns durch die Schule schon nicht immer so regelmäßig sehen und mit den Einbußen durch die Feier wurde meine Laune auch nicht gerade besser. Wir ließen den Abend immerhin sehr gemütlich ausklingen, das entspannte mich zumindest wieder sehr.

Der Montag sollte, wie ich durch das minimal geöffnete Zimmerfenster bemerkte, richtig kalt werden. Zudem hörte ich den kräftigen Regen auf das äußere Fensterbrett tropfen, was mein Unwohlsein gegenüber dem Wetter nur noch verstärkte. Mir war kalt – Janine hatte die Decke ganz für sich. Sie musste sie mir in der Nacht wohl geklaut haben… Ich war zu müde, um aufzustehen und aus dem Gästezimmer eine Decke zu holen, sodass ich die Hälfte der großen Decke wieder zu mir zog und mich an Janine herankuschelte, die, als ich kurz die Augen öffnete, friedlich schlief. Sie spendete mir in diesem Moment vor allem die größte Wärme. Abgesehen davon fühlte ich mich in ihrer direkten Nähe absolut wohl. Mit geschlossenen Augen lag ich dort und dachte über diese fünf Leute nach, die wir gestern kennengelernt hatten. Mir fiel auf, dass ich mir sehr schnell ein Bild machte, obwohl ich sie gar nicht wirklich kannte. Insofern musste ich Janine Recht geben, dass ich mir eigentlich gar keine konkrete Meinung über sie bilden durfte. Daher entschloss ich mich nach ein paar Minuten dazu, dieser Gruppe eine Chance zu geben, damit sie mir beweisen konnten, dass sie doch vernünftig waren. Wenn sich andere betranken, war es mir eigentlich egal, solange man sich noch mit ihnen halbwegs vernünftig unterhalten konnte und man nicht dafür Sorge tragen musste, dass das Gegenüber heil nach Hause kam. Mir ging es einfach darum, dass ich nicht mit ansehen wollte, wie sich meine Freunde so betranken, dass sie mich an das Extrembeispiel mit meinem Onkel erinnerten…

Ich musste irgendwann wieder eingeschlafen sein, selbst wenn ich das gar nicht richtig bemerkte. Es fühlte sich für mich an, als hatte ich die ganze Zeit mit geschlossenen Augen wachgelegen, was aber nicht der Fall gewesen sein konnte. Ich öffnete meine Augen und bemerkte, dass Janine nicht in meinem Zimmer war. Sie war in der Nacht kurz auf Toilette gegangen und bemerkte beim Betreten meines Zimmers, dass ich auch aufgewacht war. Es folgte ein Kichern von ihr: „Wirst du etwa auch mittlerweile wach, wenn ich nicht neben dir liege?“ – „Haha, du meinst, weil du das immer bemerkst, wenn ich nicht neben dir liege?“ – „Genau. Ich finde das süß.“ – „Ich kann dir nicht genau sagen, warum ich aufgewacht bin, aber ich war auf jeden Fall verwundert, dass du nicht mehr neben mir lagst.“ Janine kuschelte sich fest an mich und flüsterte: „Ich bin so froh, dass ich dich habe. Ich liebe dich.“ – „Ich dich auch. Du bist einfach so toll, da will ich nicht auf dich verzichten müssen.“ Nach einem langen Kuss schliefen wir kurzerhand wieder ein.